Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 570 BGB schließt Zurückbehaltungsrechte des Mieters (§§ 273, 320 BGB) umfassend aus, also ungeachtet der Frage, ob diese auf vertraglichen oder gesetzlichen Gegenansprüchen beruhen.
Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers ist jedenfalls dann ein zwingendes Erfordernis einer ordnungsgemäßen Klageerhebung, wenn sie ohne weitere möglich ist.
Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 1 O 302/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 16.09.2022 (1 O 302/21) wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der im Berufungsverfahren erhobenen Widerklage.
3. Das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 16.09.2022 (1 O 302/21) wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt.
Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe in Ziffer 1 des Tenors des Urteils der 1. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 16.09.2022 (1 O 302/21) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Zwangsvollstreckung aus der Kostenentscheidung kann der Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.708,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten, einen Verein, auf Räumung und Herausgabe von Räumen in der ehemaligen Wurstfabrik auf dem Grundstück xxx in G... in Anspruch. Der Beklagte wendet ein, er habe für Aufwendungen im Umfang von insgesamt 45.036,55 EUR einen Erstattungsanspruch gegen die Klägerin.
Mit Vertrag vom 23.02./04.03.1999 vermietete die Klägerin dem Beklagten die Räume der ehemaligen Wurstfabrik auf dem Grundstück xxx in G... für die Durchführung von Kulturveranstaltungen im Sinne der Satzung des Beklagten. Das Mietverhältnis wurde unbefristet abgeschlossen. Es konnte nach der Regelung in Ziffer 9 des Mietvertrages von beiden Parteien bis zum letzten Kalendertag des laufenden Monats zum Ablauf des Folgemonats durch schriftliche Erklärung gekündigt werden. Die monatliche Miete betrug 500,00 DM, ab Einführung des Euro 309,00 EUR.
Mit Schreiben vom 23.12.2020 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis ordentlich zum 31.01.2021.
Mit ihrer Klage vom 24.09.2021 hat die Klägerin neben der Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Räume und der Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten die Zahlung rückständiger Nutzungsentschädigung und die Feststellung begehrt, der Beklagte habe bis zur Räumung und Herausgabe zukünftige Nutzungsentschädigung zu bezahlen. Die weiteren Anträge auf Zahlung rückständiger und Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung zukünftiger Nutzungsentschädigung sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, das im Jahre 1999 zwischen den Parteien begründete Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 23.12.2020 wirksam zum 31.01.2021 beendet worden, weswegen der Klägerin der Anspruch auf Räumung und Herausgabe gegen den Beklagten zustünde. Soweit der Beklagte ein Leistungsverweigerungsrecht im Hinblick auf den Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Räume gestützt auf Aufwendungsersatzansprüche geltend machte, erhob die Klägerin die Einrede der Verjährung.
Der Beklagte hat den Antrag auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Räume mit Schriftsatz vom 03.11.2021 mit der Maßgabe anerkannt, dass die Verurteilung lediglich Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Betrages i.H.v. 37.821,55 EUR nebst Zinsen an den Beklagten erfolge.
Er hat vorgetragen, die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin keine ladungsfähige Anschrift angegeben habe. Unter der in der Klageschrift angegebenen Adresse xxx in G... verfüge sie weder über eine Geschäftsstelle noch halte sich dort die Geschäftsleitung auf. Gegenüber dem Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Räume stehe ihm ein Zurückbehaltungsrecht zu, weil er einen Erstattungsanspruch in Bezug auf Aufwendungen i.H.v. 45.036,55 EUR habe, welche er auf die streitgegenständlichen Räume bzw. das Grundstück, auf welchem diese sich befänden, erbracht habe.
Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 16.09.2022 den Beklagten verurteilt, die streitgegenständlichen Räume zu räumen und an die Klägerin herauszugeben, sowie an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 453,87 EUR nebst Zinsen zu bezahlen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen im Hinblick auf den Räumungs- und Herausgabeanspruch wie folgt ausgeführt. Die Zulässigkeit scheitere nicht am Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift der Klägerin. D...