Verfahrensgang
AG Chemnitz (Aktenzeichen CH-1383-1) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz - Grundbuchamt - vom 19.02.2021 - Gz.: AZCH-1383-1 - abgeändert.
Der Beteiligten wird in Erledigung ihres Einsichtsbegehrens mitgeteilt, dass im Grundbuch von X. Blatt ... als Eigentümer des im Bestandsverzeichnis aufgeführten Grundstücks (... Str. ...) seit dem 19.04.1999 eingetragen ist: X.Y GmbH, yyy (Grundlage der Eintragung: "gemäß UmwG und Eintragung im Handelsregister - HR B ... -"); zuvor war als Eigentümerin eingetragen: "X. Y. GmbH, yyy" (Grundlage der Eintragung: "Bei Neufassung der Abteilung ohne Eigentumswechsel eingetragen am 24.06.1996").
2. Wert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,00 EUR
Gründe
I. Die Beteiligte verlegt die Tageszeitung "xxx". Sie bat das Grundbuchamt Chemnitz um eine offizielle Bestätigung, dass die Firma XY als Eigentümerin im Grundbuch für das Grundstück ... Straße ... in yyy verzeichnet sei, und ggf. von wann bis wann, insbesondere ob seit 1998. Auf dem betreffenden Grundstück hätten bis 2011 Treffen der rechtsextremen Gruppierung xyz stattgefunden, wie sich aus einer Information des Innenministeriums ergebe. Die Geschäftsführer der Firma XY beabsichtigten, eine prestigeträchtige Immobilie in A1, das ...gasthaus, zu kaufen. Das Thema spiele in der Öffentlichkeit aktuell eine große Rolle.
Die beim Grundbuchamt tätige Urkundsbeamtin lehnte die Grundbucheinsicht am 10.02.2021 ab. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Beschwerdeführerin blieb erfolglos. Die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt wies den Antrag auf Auskunft und Bestätigung mit Beschluss vom 19.02.2021 zurück. Zwar könne ein öffentliches Interesse die Auskunft begründen; das Recht des Grundstückseigentümers auf informationelle Selbstbestimmung sei aber dagegen abzuwägen. Hier sei es möglich, dass den Eigentümern bzw. der Immobilie durch Dritte Schaden zugefügt werde. Der Schutz der Eigentümerdaten überwiege das Interesse der Antragstellerin.
Die Beteiligte legte gegen den Zurückweisungsbeschluss Beschwerde ein. Der Stadtrat von A1 habe aktuell über die Ausübung eines kommunalen Vorkaufsrechts im Zusammenhang mit der Veräußerung eines ehemaligen ...gasthauses zu entscheiden. Als Erwerbsinteressenten stünden die Brüder B1, von denen einer ...-Kommunalpolitiker sei, im Raum. Die Brüder seien zudem derzeitige oder vormalige Geschäftsführer der XY GmbH, von der es heiße, sie sei Eigentümerin des Grundstücks ... Straße ... in yyy. Dort wiederum habe sich zwischen 2007 und 2014 ein Treffpunkt für die rechtsextreme Organisation xyz befunden. Es sei zu befürchten, dass das weitläufige Gelände, das in A1 zum Verkauf stehe, von den Erwerbsinteressenten als Veranstaltungs- und Schulungszentrum für rechtsextreme Kräfte genutzt werde, wenn diese, wie eine Grundbucheinsicht verifizieren könne, bereits vormals "Quartiergeber" solcher Kräfte gewesen seien. Dies sei eine Angelegenheit von unmittelbar kommunal-öffentlichem Belang.
II. Die Beschwerde hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Sie ist zulässig.
Gegen die Versagung von Grundbucheinsicht durch den Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 h RPflG) ist die Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 71 Abs. 1 GBO; § 12 Abs. 4 S. 2 GBO); sie ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere konnte die Beschwerde gemäß § 73 Abs. 1 GBO unmittelbar beim Oberlandesgericht als Beschwerdegericht eingelegt werden.
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Abänderung der Entscheidung des Grundbuchamtes dahin, dass der Antragstellerin der im Grundbuch verzeichnete Eigentümereintrag - wie aus der Beschlussformel ersichtlich - mitgeteilt wird.
Das Beschwerdegericht hält an den in seiner Entscheidung vom 13.05.2019 (Az.: 17 W 378/19) aufgestellten Grundsätzen fest. Danach gilt:
Nach § 12 Abs. 1 S. 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt.
a) Der Begriff des "berechtigten Interesses" ist umfassender als derjenige des "rechtlichen Interesses". Es genügt, dass der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Auch ein öffentliches Interesse kann in Betracht kommen. Zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen kann hiervon ausgehend auch der Presse ein Recht auf Einsicht zustehen.
b) Das in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verbürgte Grundrecht auf Pressefreiheit vermittelt ein solches Recht auf Einsicht nur dann, wenn zum einen ein Informationsbeschaffungsinteresse dargelegt wird, und zum anderen das ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgte Recht der im Grundbuch Eingetragenen auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) nicht entgegensteht.
Ersteres verlangt, dass der Antragsteller sein Rechercheinteresse in tatsächlicher Sicht hinreichend konkret ausführt. Das Informationsanliegen ist unter Darstellung des konkreten Bezugs zum jeweiligen Grundstück zu erläutern. Aus dem mitgeteilten Sachverhalt muss sich ergeben, dass die beantragte Grundbuchei...