Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung fällt nicht in den Schutzbereich des Vertrages zwischen dem Versicherer und einem von diesem beauftragten Gutachter.
2. Dies gilt auch für Minderjährige, die als Versicherte in den Unfallversicherungsvertrag einbezogen sind.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 5 O 1619/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der auf Dienstag, den 07.11.2023 bestimmte Verhandlungstermin wird aufgehoben.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Verfahren auf 51.875,00 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der Kläger als versicherte Person nimmt die Beklagte, die im Auftrag der von seiner Mutter gehaltenen Unfallversicherung ein orthopädisches Gutachten erstellt hat, auf Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter Begutachtung in Anspruch.
Er behauptet, bei richtiger Gutachtenerstellung wäre seine Unfallversicherung zur Leistung verpflichtet gewesen, da innerhalb unverjährter Frist eine Nachbegutachtung erfolgt und diese zu einer höheren Invaliditätsfeststellung geführt hätte.
Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen einer Haftung unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten eines Dritten lägen nicht vor. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, zu deren Begründung er die Ansicht vertritt, die Voraussetzungen eines Anspruchs aufgrund eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, im Einzelnen seien das Leistungsnähe, Gläubigernähe, Erkennbarkeit des geschützten Personenkreises und Schutzbedürftigkeit des Dritten, seien gegeben. Er als versicherte Person komme typischerweise mit der geschuldeten Leistung in Berührung. Ein rechtsgeschäftlicher Wille der Parteien des Gutachtervertrages, ihn, den Kläger, in den Schutzbereich des Vertrages einzubeziehen, folge daraus, dass für die Beklagte erkennbar gewesen sei, dass der Versicherer seine Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Nachbegutachtung gegenüber dem Kläger im Rahmen der Regulierungsentscheidung verwenden werde. Ein Interesse des Gläubigers an dem Schutz des Dritten bestehe unter Beachtung der Besonderheiten des Versicherungsverhältnisses im vorliegenden Fall, insbesondere unter Beachtung des Alters des Klägers zum Zeitpunkt der Begutachtung, auch weil die Unfallversicherung die Möglichkeit der Nachbegutachtung innerhalb bestimmter Fristen in ihre Versicherungsbedingungen aufgenommen habe. Da die Beklagte gewusst habe, dass ihr Gutachten auch für den Kläger und für die Feststellung seines Invaliditätsgrades bestimmt gewesen sei, sei Erkennbarkeit gegeben. Schließlich könne der Kläger als lediglich mitversicherte Person keine eigenen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen, was das Landgericht verkannt habe. Es komme daher auf die Richtigkeit der Begutachtung zum Gesundheitszustand und zur Invalidität des Klägers an, so dass darüber durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben sei.
Er beantragt,
Unter Abänderung des am 13.07.2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Chemnitz, Geschäftszeichen: 5 O 1619/21, die Beklagte zu verurteilen,
a) an den Kläger EUR 51.875,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 08.07.2021 zu zahlen.
b) den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,8 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von EUR 51.875 zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, mithin in Höhe eines Betrages in Höhe von EUR 2.964,77 EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Zinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und die angefochtene Entscheidung ergänzend Bezug genommen.
II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte verneint.
Vertragliche Ansprüche bestehen nicht, weil weder die Mutter des Klägers als Versicherungsnehmerin noch der Kläger als versicherte Person einen Vertrag mit der Beklagten über die Durchführung der Untersuchung zum Nachweis des Vorliegens der den Versicherungsfall aus der Unfallversicherung auslösende...