Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Gutachters einer Unfallversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung fällt nicht in den Schutzbereich des Vertragsverhältnisses zwischen dem Versicherer und dem von diesem beauftragten Gutachter.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 328

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 8 O 56/08)

 

Gründe

I. Der Kläger wird gem. § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und deshalb beabsichtigt ist, sie aus folgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen:

Der Kläger nimmt den Beklagten, einen Facharzt für Orthopädie, der im Auftrag der Unfallversicherung des Klägers ein orthopädisches Gutachten erstellt hat, auf Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter Begutachtung in Anspruch.

Er behauptet, bei richtiger Gutachtenerstellung sei seine Unfallversicherung zur Leistung verpflichtet gewesen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen einer Haftung unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten eines Dritten, lägen nicht vor. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt in den Schutzbereich des Vertrages zwischen der Unfallversicherung und dem Beklagten einbezogen gewesen sei. Jedenfalls scheide eine Haftung des Beklagten aus, weil der Kläger nicht auf die Richtigkeit des vom Beklagten erstatteten Gutachtens vertraut habe und damit nicht schutzbedürftig sei. Es fehle an einem adäquaten Zurechnungszusammenhang. Unabhängig davon dürfte es an der logisch-naturwissenschaftlichen Kausalität zwischen dem Gutachten und dem Schaden des Klägers fehlen, weil das LG Lübeck die Klage gegen die Versicherung nicht etwa deshalb abgelehnt habe, weil im Gutachten keine Invalidität festgestellt worden sei, sondern weil die 15-monatige Frist aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur schriftlichen ärztlichen Feststellung der Invalidität nicht eingehalten gewesen sei.

Der Kläger greift mit seiner Berufung das Urteil des LG umfassend an. Er vertritt die Ansicht, ein rechtsgeschäftlicher Wille der Parteien des Gutachtervertrages, ihn, den Kläger, in den Schutzbereich des Vertrages einzubeziehen, folge daraus, dass für den Beklagten erkennbar gewesen sei, dass der Versicherer seine Feststellungen zum Gesundheitszustand ggü. dem Kläger im Rahmen der Regulierungsentscheidung gebrauchen werde. Der Fall des Klägers sei genauso zu behandeln wie der eines Versicherungsnehmers einer Krankenversicherung. Das LG habe auch nicht darauf abstellen dürfen, dass der Kläger nicht auf die Richtigkeit des Gutachtens vertraut habe. Nach Vorlage des Gutachtens habe er überhaupt keine Dispositionen treffen können. Hätte der Beklagte aber richtigerweise festgestellt, dass aufgrund des Unfallereignisses eine Invalidität eingetreten sei, wäre der Versicherer an dieses Gutachten des Beklagten im Rechtsverhältnis zu dem Kläger gebunden gewesen unabhängig von dem Ablauf der 15-monatigen Ausschlussfrist. Es komme daher auf die Richtigkeit der Begutachtung zum Gesundheitszustand und zur Invalidität des Klägers an, so dass darüber durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben sei.

Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil hat auch ggü. dem Berufungsvorbringen Bestand.

Das LG hat die Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte zutreffend angewandt und eine Haftung des Beklagten unabhängig von der Richtigkeit des von diesem erstatteten Gutachtens verneint. Der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung fällt nicht in den Schutzbereich des Vertragsverhältnisses zwischen dem Versicherer und dem von diesem beauftragten Gutachter. Die Rechtsgrundlage der Schutzwirkung zugunsten Dritter ist eine ergänzende Vertragsauslegung. Dass bei einem Vertrag der eine Vertragspartner gegenüber einem Dritten haften soll, begründete das Reichsgericht damit, dass der andere Vertragspartner den Schutz für den Dritten stillschweigend bzw. in ergänzender Vertragsauslegung mit ausgehandelt habe (RG v. 7.6.1915 - VI 7/15, RGZ 87, 64-68). Damit die Haftung des Schuldners nicht unkalkulierbar ausgedehnt wird, sind aber an die Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutz strenge Anforderungen zu stellen; der Schuldner muss sein Risiko gegebenenfalls versichern können (BGH, Urt. v. 20.4.2004 - X ZR 250/02, NJW 2004, 3035; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 328 Rz. 14, 16 m.w.N.).

Nach den vom BGH aufgestellten Grundsätzen (BGH, Urt. v. 17.9.2002 - X ZR 237/01, Versicherungsrecht 2002, 1407 = BGHReport 2003, 66 = NJW 2002, 3625 = MDR 2003, 377) scheidet die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte bei Einholung eines Versicherungsgutachtens im Rahmen einer allein auf eine Geldleistung gerichteten Ver...

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