Leitsatz (amtlich)
1. Die vom Grundbuchamt versehentlich gelöschte Grunddienstbarkeit geht bei Erwerb eines bloßen Miteigentumsanteils am belasteten Grundstück auch dann nicht gem. § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB unter, wenn der rechtsgeschäftliche Erwerber in Ansehung ihres Nichtbestehens gutgläubig ist.
2. Eine in der vormaligen DDR vor dem 1.1.1976 zu Unrecht gelöschte Grunddienstbarkeit unterfällt nicht der Vorschrift des § 8 Abs. 1 GBBerG.
3. Zum Erlöschen einer Grunddienstbarkeit durch "Buchversitzung" gem. § 901 Satz 1 BGB.
Normenkette
BGB § 892 Abs. 1 S. 1, § 901 S. 1; GBBerG § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Beschluss vom 09.02.2009) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Chemnitz vom 9.2.2009 aufgehoben, soweit das mit der Erstbeschwerde verfolgte Begehren auf Anordnung der Eintragung eines Amtswiderspruchs zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten, an das LG zurückverwiesen.
2. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Beteiligten zu 1 und 2, Eheleute, erwarben im Jahre 2005 ein gut 2 ha großes Grundstück, welches im Grundbuch von C. auf dem nach der Wende neu angelegten Bl. 103 verzeichnet ist und aus den zwei Flurstücken 205 und 205c besteht (im Folgenden auch: herrschendes Grundstück). Ursprünglich war dieses Grundstück auf Bl. 101 und später, ab dem Jahre 1940, auf Bl. 102 desselben Grundbuchs vorgetragen.
Zugunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks bestellte der Eigentümer des benachbarten, damals im Grundbuch von C. Bl. 111 verzeichneten und ebenfalls aus mehreren Flurstücken - darunter den beiden mit den Nr. 836 B. und 206 C. - bestehenden Grundstücks im Jahre 1937 eine Grunddienstbarkeit, die im Grundbuch des dienenden Grundstücks eingetragen wurde. Den Inhalt bestimmte die Eintragungsbewilligung verkürzt wie folgt:
"... das auf dem Grundstück Bl. 111 des Grundbuchs für C. auf dem Flurstück Nr. 836 B. auftretende Wasser zu sammeln, zu erbohren und zu erschroten,... die Schrote zu legen und zu halten, und das dort und auf fremden Grundstücken gewonnene Wasser auf meinem Grundstück Bl. 111 für C., insb. auf den Flurstücken Nr. 836 B. und 206, 209 und 211 C., in Röhren nach dem Grundstück Bl. 101 des Grundbuchs für C. abzuleiten, sowie auf dem Grundstück Bl. 111 für C. die für diese Wasserleitung nötigen Einrichtungen zu erstellen und zu halten ..."
Ab dem Jahre 1955 wurde für das Flurstück 836, ursprünglich unmittelbarer Teil des dienenden Grundstücks, ein gesondertes "Bestandsblatt" geführt. Nach dem Tode des bisherigen Eigentümers erhielt einer der Miterben im Zuge einer zu Urkunde des Staatlichen Notariats getroffenen Auseinandersetzungsvereinbarung im Jahre 1969 das Alleineigentum an dem Flurstück 836 unter ausdrücklicher Übernahme des Wasserableitungsrechtes übertragen. Bei Neuanlegung eines separaten Blattes 201 des Grundbuchs von B. für das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 836 B. am 4.11.1975 wurde die auf diesem noch lastende Grunddienstbarkeit versehentlich nicht übertragen.
Im April 1993 wurde das als Grundstück selbständig gebuchte Flurstück 836 seinerseits geteilt. Während das Flurstück 836/2 nach Bl. 112 des Grundbuchs von C. abgeschrieben wurde, verblieb als auf Bl. 201 des Grundbuchs von B. gebuchtes Grundstück allein das gut 1,5 ha große Flurstück 836/1 (künftig: streitbefangenes Grundstück). Es wurde später nochmals katastermäßig zerlegt (Flurstücke 836/3 und 836/4), wird im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs aber nach wie vor unter einer einzigen lfd. Nr. geführt.
Der seit 1969 eingetragen gewesene Eigentümer des streitbefangenen Grundstücks verstarb im Juni 1999. Er wurde von der Beteiligten zu 3 und zwei weiteren Personen beerbt. Die drei Mitglieder der Erbengemeinschaft und der Beteiligte zu 4, der Ehemann der Beteiligten zu 3, schlossen am 24.2.2000 zu notarieller Urkunde einen Erbauseinandersetzungs- und Übertragungsvertrag. Darin wurde das streitbefangene Grundstück je zur Hälfte an die Beteiligten zu 3 und 4 übertragen; die Eintragung der Erwerber als je hälftige Miteigentümer im Grundbuch erfolgte am 29.9.2000. Bei derselben Gelegenheit wurde auch das weitere, im Grundbuch von C. Bl. 113 vorgetragene und dort in Abteilung II lfd. Nr. 1 nach wie vor mit dem "Wasserableitungsrecht für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Bl. 205; gem. Bewilligung von 16./17.6.1937; eingetragen am 30.6.1937" belastete Grundstück des Erblassers (offensichtlich aus dem früheren Flurstück 206 hervorgegangenes Flurstück 206/02 zur Größe von ca. 8,2 ha; später katastermäßig zerlegt in 206/09 und 206/10) ebenfalls zu je hälftigem Eigentum an die Beteiligten zu 3 und 4 übereignet. Die Notarurkunde vom 24.2.2000 gab dabei, was die in Rede stehende Grunddienstbarkeit angeht, den Grundbuchstand sow...