Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde gegen die einen Ablehnungsantrag zurückweisende Entscheidung im Familienverfahren unterliegt im Anwaltszwang.

 

Verfahrensgang

AG Döbeln (Aktenzeichen 1 F 381/11)

 

Tenor

1. Die am 26.2.2013 beim AG eingegangene (sofortige) Beschwerde des Antragsgegners (ohne Datum) gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Döbeln, Az.: 1 F 381/11, wird als unzulässig verworfen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 2.000 EUR hat der Antragsgegner zu tragen.

 

Gründe

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht ein Befangenheitsgesuch des Antragsgegners gegen den zuständigen Familienrichter für unbegründet erklärt. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Antragsgegners bleibt ohne Erfolg.

Sie ist nämlich bereits unzulässig, weil das Beschwerdeverfahren dem Anwaltszwang unterliegt, der Antragsgegner sein als (sofortige) Beschwerde auszulegendes "Widerrufsschreiben" aber persönlich verfasst und unterzeichnet hat. Gemäß § 114 FamFG müssen sich die Beteiligten eines Ehescheidungsverfahrens sowohl vor dem Familiengericht als auch vor dem OLG grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Für das Ablehnungsgesuch selbst macht § 6 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 44 Abs. 1, 2. HS, 78 Abs. 3 ZPO eine Ausnahme vom Anwaltszwang. Diese erstreckt sich aber nicht auf die Beschwerde gegen eine den Ablehnungsantrag zurückweisende Entscheidung; denn § 6 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 569 Abs. 3 ZPO befreien vom Anwaltszwang nur insoweit, als das Verfahren im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess, also mit obligatorischer anwaltlicher Vertretung zu führen ist (vgl. OLG Zweibrücken MDR 2008, 102 m.w.N.); das ist hier aber gerade der Fall.

Selbst wenn man dies anderes sähe, wäre die Beschwerde überdies unbegründet, und dies zudem aus mehreren voneinander unabhängigen Gründen.

Zum einen ist das hier in Rede stehende Ablehnungsgesuch (Eingang beim AG am 8.1.2013 mit am 22.1.2013 eingegangener Ergänzung) im Wesentlichen auf die gleichen Beanstandungen gestützt, die der Antragsgegner schon zum Gegenstand eines Befangenheitsantrags vom 23.1.2012 gemacht hatte und die sich ihrerseits auf eine mündliche Verhandlung vom 8.12.2011 in einem anderen Verfahren (1 F 180/11 AG Döbeln) bezogen. Dieses erste Befangenheitsgesuch war schon deshalb unbegründet, weil der Antragsgegner über den Gegenstand des Verfahrens 1 F 180/11 in der letztgenannten Verhandlung einen Vergleich geschlossen hat; damit konnte er sich auf vor Vergleichsabschluss etwa entstandene Befangenheitsgründe nicht mehr berufen (§ 43 ZPO).

Zugleich kann er dieselben Ablehnungsgründe auch in einem späteren Rechtsstreit jedenfalls dann nicht mehr geltend machen, wenn zwischen beiden Verfahren ein tatsächlicher und rechtlicher Zusammenhang besteht (BGH MDR 2007, 44). Diese Voraussetzung sieht der Senat hier als erfüllt an, weil beide Verfahren aus dem Trennungs- und Scheidungskonflikt der Beteiligten resultieren. Überdies hat der Antragsgegner sein erstes Ablehnungsgesuch im Februar 2012 ausdrücklich zurückgenommen. Damit sind die Befangenheitsgründe, die im Verfahren 1 F 180/11 entstanden sein mögen, jedenfalls "verbraucht".

§ 43 ZPO beruht auf der Überlegung, dass ein Prozessbeteiligter etwaige Ablehnungsgründe so zügig wie möglich zu klären gehalten ist. Das Gesetz will ausdrücklich verhindern, dass ein möglicherweise befangener Richter ein Verfahren zunächst mit Billigung eines Beteiligten fortführt, um sich später dann doch einem auf früheres Verhalten gestützten Befangenheitsgesuch gegenüberzusehen, welches die Partei in Kenntnis der Befangenheitsgründe zurückgestellt hatte, um es zu einem ihr genehmen Zeitpunkt wieder "aufzuwärmen".

Dessen ungeachtet lassen sich den Gerichtsakten ebenso wie dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst, soweit dessen Beanstandungen überhaupt inhaltlich nachvollziehbar sind, keine Anhaltspunkte für ein wie auch immer geartetes Fehlverhalten des zuständigen Familienrichters entnehmen. Der im Vorverfahren geschlossene Vergleich ist vorschriftsmäßig vom Diktiergerät vorgespielt und vom - anwaltlich vertretenen - Antragsgegner (damals Antragsteller zu 1) genehmigt worden; die Einigung war, soweit dies nach Aktenlage zu beurteilen ist, der damaligen Prozesslage auch angemessen. Wenn der Antragsgegner die seinerzeit einvernehmlich getroffene Regelung für falsch hält, hätte er ihr nicht zustimmen dürfen; aus nachträglicher Vergleichsreue eine Beteiligten ergibt sich aber kein Ablehnungsgrund gegenüber einem Richter. Dass die vorangegangene Verhandlungsführung des Richters geeignet gewesen wäre, den Antragsgegner zu verwirren oder gar unter Druck zu setzen, ist weder konkret dargelegt noch glaubhaft gemacht; der damalige anwaltliche Vertreter des Antragsgegners hat entsprechende Rügen (bis heute) auch nicht erhoben. Soweit der Beschwerdeführer und der Abteilungsrichter unterschiedlicher Auffassung darüber sein mögen, ob das vorliegende Eheverfahren entscheidungsreif ist, steht es dem Beschwerdeführer gege...

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