Leitsatz (amtlich)

Die Widerspruchsbelehrung in einem Versicherungsschein zu einer Lebensversicherung, wonach die Widerspruchsfrist nach "Überlassung der Unterlagen" beginnt, reicht jedenfalls dann aus, wenn diese Unterlagen im Text eines Policenbegleitschreibens aufgeführt werden.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1223/20)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.06.2021 wird aufgehoben.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch zu auf Rückzahlung der geleisteten Prämien und Herausgabe der gezogenen Nutzungen gemäß § 812 Abs. 1 i.V.m. § 5 a VVG a.F.

Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des Policenmodells gemäß § 5 a Abs. 1 VVG a.F. wirksam mit Versicherungsbeginn zum 01.11.2004 zustande gekommen. Der Kläger hat dem Vertragsschluss nicht binnen der vorliegend maßgeblichen Frist von 14 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen widersprochen (§ 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.). Der erst mit Schreiben vom 05.03.2020 erklärte Widerspruch war verfristet.

Dem Kläger wurden die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen gemäß § 10 a VAG zusammen mit dem Versicherungsschein übersandt. Nach § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.

Die Widerspruchsbelehrung, die in dem 2-seitigen Policenbegleitschreiben vom 13.07.2004 (Anlage K1) enthalten ist, ist formal und inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben noch ausreichend deutlich, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Es wird in der Belehrung zwar nicht ausdrücklich erwähnt, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit die Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. beginnt. Gleichwohl hält der Senat dies aber unter Würdigung der gesamten Umstände im Streitfall für unschädlich und folgt insoweit der Entscheidung des OLG Köln vom 04.12.2015 - Az: 20 U 160/15 - zu einer textgleichen Belehrung. Denn die Belehrung stellt klar, dass die Widerspruchsfrist erst nach "Überlassung der Unterlagen" beginnt. Damit ist verdeutlicht, dass weder alleine die Überlassung des Versicherungsscheins noch die Überlassung der Versicherungsbedingungen ausreichen, um die Frist in Gang zu setzen, sondern dass es vielmehr noch der Überlassung weiterer Unterlagen bedarf. Welche Unterlagen dies sind, erschließt sich dem Versicherungsnehmer ohne weiteres aus dem weiteren Text des Policenbegleitschreibens, auf das die Belehrung mit der Formulierung "Überlassung der Unterlagen" ersichtlich Bezug nimmt. In dem Policenbegleitschreiben heißt es einleitend:

"Wir überreichen Ihnen als Anlage die Unterlagen zu der abgeschlossenen "G...... Variable Fondspolice"..."

Bei diesen Unterlagen handelt es sich im Wesentlichen um den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen. Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer mithin unter Einbeziehung des Gesamtinhaltes des Policenbegleitschreibens noch hinreichend deutlich, dass der Lauf der Widerspruchsfrist auch die Überlassung der Verbraucherinformationen voraussetzt. Hinzu kommt, das im Versicherungsschein die "Verbraucherinformationen zu den Anlagemöglichkeiten" als "Beilagen zum Versicherungsschein" angeführt worden sind. Damit wird trotz der Verwendung des Begriffs "Beilagen" im Versicherungsschein hinreichend klar, dass es sich auch bei den unter diesem Begriff angeführten Verbraucherinformationen um Unterlagen im Sinne der Widerspruchsbelehrung handelt. Die Formulierung in der Belehrung und im Policenbegleitschreiben grenz...

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