Leitsatz (amtlich)
1. Eine Widerspruchsbelehrung, die in einem deutlich vom übrigen Text getrennten Absatz enthalten ist, kann auch dann drucktechnisch hervorgehoben sein, wenn sie nur teilweise fettgedruckt ist.
2. Der Versicherungsnehmer trägt die Beweislast für einen höheren als den vom Versicherer angegebenen Risikoanteil. Wegen des berechtigten Geheimhaltungsinteresses des Versicherers trägt dieser bei der Behauptung eines höheren Risikoanteils "ins Blaue hinein" jedoch keine sekundäre Darlegungslast und ist nicht zur Offenlegung seiner Risikokalkulation verpflichtet.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 2553/11) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
1. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass die Widerspruchsbelehrung der Beklagten auf Seite 1 des Versicherungsscheins in Verbindung mit der weiteren Belehrung in den Allgemeinen Informationen (K2) den Anforderungen des § 5a VVG a.F. entspricht.
Dem steht nicht entgegen, dass sich auf der ersten Seite des Versicherungsscheins in nicht hervorgehobener Schrift ein Hinweis auf das Widerspruchsrecht befindet, welcher für sich genommen nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 5a VVG a.F. genügt. Dort heißt es nämlich u.a. nur: "Falls Sie nicht einverstanden sind, können Sie als Versicherungsnehmer innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheines in Textform widersprechen. Weitere Einzelheiten zum Widerspruchsrecht finden Sie in den allgemeinen Informationen. Einen Hinweis darauf, dass der Lauf der Widerspruchsfrist erst mit Zugang auch der übrigen Unterlagen nach § 5a Abs. 1 VVG a.F. beginnt, findet sich dort nicht. Durch die Bezugnahme auf die "allgemeinen Informationen" wird einem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher indes hinreichend deutlich klargemacht, dass es sich bei diesem Hinweis nicht um die abschließende Widerspruchsbelehrung handelt. Der Versicherungsnehmer wird durch die Formulierung hinreichend deutlich darauf hingewiesen, dass sich die detaillierte Belehrung erst in den "allgemeinen Informationen" befindet. Dass sich damit in dem Versicherungsschein selbst nur eine "Anbelehrung" findet, erschließt sich aus der Formulierung "weitere Einzelheiten".
Somit ist maßgeblich die Belehrung über das Widerspruchsrecht in den Allgemeinen Informationen. Die Hinleitung zu den allgemeinen Informationen genügt insoweit vor allem deshalb, weil sich das Widerspruchsrecht dort direkt im ersten Abschnitt befindet und somit - sofern die Vertragsunterlagen überhaupt zur Kenntnis genommen werden -nicht überlesen werden kann. Die dort enthaltene Widerspruchsbelehrung genügt den gesetzlichen Anforderungen. Die von § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. geforderte drucktechnisch deutliche Form ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes gegeben, dass nur der erste Teil der Belehrung in Fettdruck gestaltet ist. Dem steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2015 - IV ZR 284/12 - nicht entgegen. Ob eine Belehrung drucktechnisch hinreichend hervorgehoben ist, ist auch nach der Rechtsprechung des BGH eine Frage des jeweiligen Einzelfalles, die sich stets nach dem optischen Gesamteindruck der konkreten Belehrung und ihrer Einbettung in den Gesamtbestand der übersandten Bedingungen beurteilt. Vorliegend findet sich die gesamte Widerspruchsbelehrung unter einer einzigen fett und in größerer Schrift gedruckten Überschrift in einem separaten Abschnitt, der keine weiteren Informationen als das Widerspruchsrecht enthält. Der nicht fettgedruckte Teil schließt sich unmittelbar an den fettgedruckten Teil an und ist von diesem weder durch einen Absatz noch durch einen Zeilenumbruch in irgendeiner Weise optisch abgesetzt. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die Belehrung bei dieser Sachlage unabhängig von ihrer unterschiedlichen Hervorhebung als Einheit auffassen. Nach Auffassung des Senats ist durch eine solche drucktechnische Gestaltung hinreichend gewährleistet, dass nicht nur der fettgedruckte Passus, sondern der gesamte Absatz gelesen wird, weil beide optisch als Einheit wahrgenommen werden. Dass der zweite, nicht fettgedruckte Teil übersehen werden könnte, wenn der erste Teil überhaupt zur Kenntnis genommen wird, erscheint bei der vorliegenden drucktechnischen Gestaltung demgegenüber nahezu aus...