Verfahrensgang
LG Chemnitz (Beschluss vom 24.09.2008; Aktenzeichen 1 O 1485/06) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Chemnitz vom 24.9.2008 (1-O-1485/06) geändert.
Die von dem Kläger der Beklagten nach dem Kostenbeschluss des LG Chemnitz vom 17.4.2008 zu erstattenden Kosten werden auf 1.915 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.4.2008 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Insofern wird die Gerichtsgebühr auf die Hälfte ermäßigt.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 45 % und die Beklagte 55 %.
3. Wert der Beschwerde: 1.085,50 EUR.
4. Die Rechtsbeschwerde wird - für beide Parteien - zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte firmiert als A. Sie sitzt in C. Der Kläger hat sie vor dem dortigen LG auf Rückzahlung des Kaufpreises für einen Pkw in Anspruch genommen. Das Fahrzeug sei mangelhaft.
Nach Einholung eines Gutachtens zu den behaupteten Mängeln hat der Kläger die Klage zurückgenommen. Das LG hat daraufhin beschlossen, dass er die Kosten des Rechtsstreits aus einem Wert von 26.990 EUR trägt.
Die Beklagte hat ihre Anwaltskosten mit 2.507,80 EUR berechnet und diese zur Festsetzung angemeldet (GA 113). Hierin sind anwaltliche Reisekosten zu gesamt 592,80 EUR enthalten. Das LG hatte die Sache am 30.11.2006 und 17.4.2008 - mündlich - verhandelt. Prozessbevollmächtigte des Beklagten waren Rechtsanwälte aus Frankfurt. Diese haben beide Termine für die Beklagte wahrgenommen.
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten waren zum Gegenstand der Klage bereits vorprozessual für die Beklagte tätig (GA 125). Gleichwohl haben sie der Beklagten eine "volle" Verfahrensgebühr berechnet, deren Kosten ebenfalls Bestandteil des Festsetzungsantrages sind.
Die Rechtspflegerin hat dem Festsetzungsersuchen nur zu 1.422,30 EUR entsprochen. Zur Verfahrensgebühr sei wegen der vorprozessualen Tätigkeit und der damit verbundenen Geschäftsgebühr nur mit einem Gebührensatz von 0,65 zu rechnen. Die Reisekosten seien abzusetzen, weil die Beklagte am eigenen Sitz verklagt wurde.
Die Beklagte hält beides für falsch, hat daher den Rechtspflegerentscheid mit der Beschwerde angegriffen. Sie sei ein Tochterunternehmen einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Augsburg. Sowohl dieser Mutterkonzern als auch sämtliche angeschlossenen Autohäuser würden durch die Frankfurter Anwälte vertreten. Da sie über keine Rechtsabteilung verfüge, lasse sie auch nur "drohende Rechtsstreitigkeiten" von den Frankfurter Anwälten bearbeiten. Deren außergerichtliche Tätigkeiten würden nicht mit den gesetzlichen Gebühren, sondern pauschal honoriert, weshalb sie vorliegend nur die Prozessvertretung bezahlen müsse. Von daher seien sowohl die Reisekosten wie auch die Kosten der vollen Verfahrensgebühr festzusetzen. Das sei von anderen Gerichten auch bereits so entschieden.
Der Kläger bestreitet dieses Vorbringen und meint, die Beschwerde müsse zurückgewiesen werden.
Ergänzend verweist der Senat, dem der Einzelrichter die Entscheidung übertragen hat, auf den angefochtenen Beschluss (GA 127 f.) und die Schriftsätze der Parteien im Antrags- und im Beschwerdeverfahren (GA 113-145).
II. Die bei Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 29.10.2008 unter dem 4.11.2008 beim LG zeitgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat (nur) teils Erfolg.
Die anwaltlichen Reisekosten wurden zu Recht abgesetzt. Die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten, die der Beklagten unstrittig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erwachsen sind, hängt davon ab, ob es für die Beklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozessgerichts (Chemnitz), sondern in Frankfurt ansässig ist. Dies folgt aus § 91 Abs. 2 S. 1, Halbs. 2 ZPO.
Die dort angesprochene "zweckentsprechende Rechtsverteidigung" setzt voraus, dass der Anwalt den Sachverhalt in seinen Einzelheiten kennt und ihn rechtlich bewältigen kann. Die zum Sachverhalt nötigen Informationen erhält er regelmäßig von der Partei, die er vertritt. So war es auch im Streitfall. Denn die Klageerwiderung nimmt Bezug auf die Geschäftsbedingungen der Beklagten, auf das Zeugnis "des Verkäufers" und "des Werkstattmeisters", beide zu laden über die Beklagte (GA 11 ff.). Zur Erforschung des Sachverhalts nötig ist also das Gespräch mit den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten. Dieses ist zweckmäßigerweise persönlich, also in Abgrenzung von Telefonaten etc. nahmündlich zu führen. Das lässt sich, gerade, wenn wie hier, mehrere Mitarbeiter zu befragen sind, am ehesten am Sitz der Beklagten, also in Chemnitz gewährleisten.
Hieran gemessen spricht nichts dafür, dass die Beklagte Rechtsanwälte aus dem weit entfernten Frankfurt einschalten musste.
Gegenstand des Rechtsstreits waren Mängelansprüche aus dem Kaufvertrag über einen Pkw. Das zählt zum Alltagsgeschäft jeden Anwalts, der zivilrechtliche Rechtsstreitigk...