Leitsatz (amtlich)
1. Ein Widerspruchsrecht des Zessionars einer Lebensversicherung kann nicht zu einer Unwirksamkeit des Versicherungsvertrags führen, wenn sich die Widerspruchserklärung auf den Versicherungsvertrag als solchen und nicht auf dessen Übernahme bezieht.
2. Werden mit dem Policenbegleitschreiben die wesentlichen Vertragsunterlagen übersandt, kann sich der Versicherungsnehmer über dessen Einzelheiten ausreichend informiert; dass die Widerspruchsbelehrung die übersandten Unterlagen nicht im Einzelnen benennt, hindert ihn daher nicht daran, sein Widerspruchsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen auszuüben wie bei zutreffender Belehrung.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 914/23) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.04.2024 wird aufgehoben.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 18.528,67 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung einer Kapitallebensversicherung mit Todesfallschutz.
Am 30.06.1998 beantragte die vormalige Versicherungsnehmerin den Abschluss einer Kapitallebensversicherung. Der Kläger war versicherte Person. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt ihr am 10.07.1998 mit dem Policenbegleitschreiben eine Versicherungsurkunde, die fest verbunden die Leistungsübersicht, die Allgemeine Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen enthielt. Die Versicherung begann zum 01.07.1998 und sah eine Laufzeit von 26 Jahren und eine halbjährliche Beitragszahlung von zunächst 500 DM und ab 01.07.2019 von 478,50 DM vor. Das Policenbegleitschreiben enthielt folgende eingerückte Widerrufsbelehrung:
Die nach § 10 a VAG erforderlichen Verbraucherinformationen sind in der Versicherungsurkunde enthalten.
Sie können innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Briefes dem Vertrag schriftlich widersprechen.
Die Frist ist gewahrt, wenn der Widerspruch rechtzeitig abgesendet wird.
Die Prämien wurden in den Folgejahren in Höhe von jedenfalls 12.694 EUR bezahlt. Im Dezember 2011 vereinbarten die Beklagte und die vormalige Versicherungsnehmerin eine Vorauszahlung von 1.500 EUR. Im Juli 2013 trat die vormalige Versicherungsnehmerin ihre Rechte an den Kläger ab, der Versicherungsnehmer wurde. Er änderte zugleich das Bezugsrecht.
Am 16.02.2023 erklärte die h... GmbH namens des Klägers den Widerspruch. Die Beklagte wies die Rückzahlungsansprüche des Klägers zurück.
Das Landgericht Leipzig hat die Klage mit Urteil vom 23.11.2023 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzliche Forderung weiterverfolgt.
II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages zu.
1. Der Anfang des Jahres 2023 ausgesprochene Widerspruch des Klägers ist unwirksam, denn die Widerspruchsbelehrung entspricht den Anforderungen von § 5 a VVG a.F.
Ein möglicherweise bestehendes Widerspruchsrecht des jetzigen Versicherungsnehmers ist von vornherein nicht geeignet, eine Beseitigung des Vertragsverhältnisses herbeizuführen, wenn sich die Widerspruchserklärung nach ihrer Zielrichtung - wie hier - auf den Versicherungsvertrag als solchen und nicht auf die Übernahme desselben bezieht (vgl. BGH, Beschluss vom 21.12.2016 - IV ZR 365/13 - juris; vgl. Senat, Beschluss vom 05.12.2018 - 4 U 1393/18 - juris).
Der Kläger kann sich auch nicht auf ein auf ihn gemäß §§ 415, 417 BGB übergegangenes Widerspruchsrecht stützen, denn die Belehrung ist wirksam.
Die Belehrung ist ausreichend drucktechnisch hervorgehoben. Sie ist auf dem zweiseitigen Anschreiben als einziger Text auf der zweiten Seite eingerückt und in einem gesonderten Absatz abgedruckt. Sie kann auf dem zweiseitigen Policenbegleitschreiben schlechterdings nicht übersehen werden.
Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat. Es ist im vorliegenden Fall ausreichend, dass die Widerspruchsbelehrung für den Beginn der Widerspruchsfrist auf den "Zugang dieses Briefes" anknüpft und nicht den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die maßgeblichen Verbraucherinformationen namentlich aufzählt. Es handelt sich bei der Versicherungsurkunde um ein fest verbundenes, linksseitig geöstes Dokument, das...