Leitsatz (amtlich)
Rechtsfolge des Verstoßes eines befristeten Mietvertrages über Geschäftsräume gegen die gesetzliche Schriftform aus §§ 550, 578 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht nur gemäß § 550 Satz 1 BGB, dass das Mietverhältnis als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Vielmehr ist weiterhin eine in formunwirksamen Mietvertrag vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn diese länger ist als die gesetzliche Kündigungsfrist aus § 580a Abs. 2 BGB (Anschluss BGH BeckRS 2013, 3643 Rn. 28).
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 1344/23) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 21.11.2023 (08 O 1344/23) durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Er sollte zur Vermeidung weiterer Kosten die Möglichkeit einer Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen im Objekt K...-Straße 00 in L... in Anspruch, welche der Beklagte zum Betrieb eines Versicherungsfachgeschäftes nutzt.
Der Beklagte und die GbR R... W... Immobilienverwertungsgesellschaft schlossen am 28.03.2003 einen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Gewerberäume. In § 3 (Mietzeit) enthielt der Vertrag folgende Regelung:
"1. Das Mietverhältnis beginnt spätestens am 01.09.03 und wird für die Dauer von 3 Jahren, also bis zum 31.08.2006 fest abgeschlossen. Es verlängert sich jeweils um 1 Jahr, wenn eine der Parteien nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung der Mietzeit widerspricht. Sollten die Mieträume vom Vermieter schon eher zur Verfügung gestellt werden, beginnt das Mietverhältnis entsprechend früher (frühestens ab 01.05.03). Die 3-Jahresfrist beginnt ab dem tatsächlichen Mietbeginn.
2. Setzt der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit fort, so gilt das Mietverhältnis nicht als verlängert. § 568 BGB findet keine Anwendung. Fortsetzung oder Erneuerung des Mietverhältnisses nach seinem Ablauf muss schriftlich vereinbart werden."
Der Mietvertrag vom 28.03.2003 wurde auf Mieterseite vom Beklagten und auf Vermieterseite allein von Herrn W., nicht aber von Herrn R. unterschrieben.
Wann die Gewerberäume an den Beklagten übergeben wurden, ist zwischen den Parteien strittig. Es liegt ein Protokoll mit der Überschrift "ABNAHME von Gewerbeeinheiten Übergabe / Übernahme" vom 26.03.2003 vor, wonach der Einzug zum 01.04.03 stattfand. Weiterhin liegt ein vom Beklagten und Herrn W. am 21.05.2003 unterschriebenes Schriftstück mit der Bezeichnung "Übergabeprotokoll für Mietraum bei Auszug" vor.
Am 05.09.2012 unterzeichneten der Beklagte und Herr W... als Rechtsnachfolger der auf ihn angewachsenen GbR einen als "Nachtrag 1 zum Mietvertrag vom 05.03.2003" bezeichneten Nachtrag, in welchem unter anderem die Vorauszahlung auf die Nebenkosten angehoben wurde. Am 04.04.2016 unterzeichneten der Beklagte und Herr W... einen weiteren Nachtrag, welcher wiederum als "Nachtrag 1 zum Mietvertrag vom 05.03.2003" bezeichnet wurde und eine Anhebung der vereinbarten Miete vorsah.
Der Kläger trat durch Erwerb des Grundstückes mit Eintragung als Eigentümer im Grundbuch am 01.03.2023 auf Vermieterseite in den mit dem Beklagten geschlossenen Mietvertrag ein. Mit Schreiben an den Beklagten vom 23.05.2023 erklärte der Kläger, er widerspreche gemäß § 3 Abs. 1 des Mietvertrages vom 28.03.2003 dessen Verlängerung und kündige das Mietverhältnis fristgerecht zum 31.08.2023. Der Beklagte widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 30.05.2023.
Nachdem der Kläger den Beklagten zunächst auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Gewerberäume zum 31.08.2023 in Anspruch genommen hatte, reduzierte er diesen Antrag im erstinstanzlichen Verfahren dahin, dass er Räumung und Herausgabe zum 31.12.2023 begehrt.
Der Kläger hat vorgetragen, für den Mietvertrag gelte die gesetzliche Kündigungsfrist aus § 580a Abs. 2 BGB, weil er die gesetzliche Schriftform aus § 550 BGB nicht einhalte. Infolge der Kündigung vom 23.05.2023 sei das Mietverhältnis mit Wirkung zum 31.12.2023 beendet worden, weswegen der Kläger zu diesem Zeitpunkt Räumung und Herausgabe vom Beklagten verlangen könne. Der Kläger hat vorsorglich in der Klageschrift vom 16.06.2023, welche dem Beklagten am 04.07.2023 zugestellt wurde, eine weitere ordentliche Kündigung des Mietvertrages zum nächst zulässigen Zeitpunkt ausgesprochen.
Der Beklagte hat vorgetragen, für den Mietvertrag gelte nicht die gesetzliche Kündigungsfrist aus § 580a Abs. 2 BGB, sondern die sich aus der Verlängerungsklausel in § 3 Nr. 1 des Mietvertrages ergebende Regelung. Soweit der ursprüngliche Mietvertrag vom 28.03.2003 die gesetzliche Schriftform verletzt habe, weil für die GbR nur eine Person unterschrieben habe, sei dieser Schriftformmangel geheilt durch die der Schriftform entsprechenden...