Leitsatz (amtlich)
Für die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, die als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren vor der Polizei oder Staatsanwaltschaft abgegeben wurden, fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1769/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Senat beabsichtigt, den Gegenstandswert des Berufungsverfahrens auf bis zu 10.000,00 EUR festzusetzen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der beanstandeten Äußerungen nicht zu gemäß §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB.
Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe die von ihr beanstandeten Äußerungen im gemeinsamen Bekanntenkreis und gegenüber sonstigen Dritten mindestens im Zeitraum seit Mai 2018 aufgestellt ist unsubstantiiert. Es hätte der Klägerin oblegen, konkret vorzutragen, gegenüber welchen Personen die Beklagte diese Äußerungen in welchem Zeitraum aufgestellt haben soll. Auch die Anhörung der Klägerin vor dem Landgericht hat hierzu nichts ergeben. Zudem hat die Klägerin ihre Behauptung nicht unter Beweis gestellt.
Die Beklagte hat vor dem Landgericht den Vorwurf auch nicht eingeräumt. Vielmehr hat sie sich zu dem streitigen Alkoholproblem der Klägerin geäußert. Sie hat aber nicht erklärt, dass, wann und wem gegenüber sie die streitgegenständliche Behauptung, die Klägerin habe ein Alkoholproblem, aufgestellt habe. Äußerungen der Beklagten, die sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 09.01.2020 gemacht hat, sind - wie die Klägerin selbst ausführt - zudem nicht Streitgegenstand.
Soweit die Klägerin die Begründung ihres Anspruchs darauf stützt, dass die Beklagte im Rahmen eines gegen einen Dritten geführten Strafverfahrens am 12.05.2018 vor der Polizei als Zeugin vernommen wurde und sie dort die beanstandeten Erklärungen abgegeben habe soll, so fehlt insoweit schon das Rechtsschutzbedürfnis. Einer Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2012 - I ZR 105/11; BGH, Urteil vom 28.02.2012 - VI ZR 79/11 - juris). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen werden und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird (BGH, Urteil vom 19.07.2012 - I ZR 105/11 - juris). Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden (BGH, a.a.O.). Es ist dann allein Aufgabe des mit der Entscheidung in den betreffenden Verfahren befassten Organs, die Erheblichkeit und Richtigkeit des jeweiligen Vorbringens für seine Entscheidung zu beurteilen. Nur so ist eine rechtsstaatliche Verfahrensführung gewährleistet (BGH, a.a.O.). In entsprechender Weise führt es zu einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden, unzumutbaren Beschränkung des Einzelnen und zu einer nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege, wenn derjenige, der in gutem Glauben eine Strafanzeige erstattet hat, befürchten müsste, wegen seiner Äußerungen gegenüber Strafverfolgungsbehörden mit einer Schadensersatzklage wegen Ehrverletzung überzogen zu werden (BGH, Urteil vom 28.02.2012 - VI ZR 79/11 - juris). Erst recht gilt dies für Zeugen, die in Wahrnehmung ihrer staatsbürgerlichen Pflichten vor der Polizei Angaben machen.
2. Der Klägerin steht kein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR aus den oben genannten Gründen zu. Unabhängig davon begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung nur dann, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2017 - VI ZR 534/15 - juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Klägerin sollte die Rücknahme der ...