Leitsatz (amtlich)
1. Die für den Beweis des äußeren Bildes eines versicherten Diebstahls entscheidende Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers kann auch durch Unredlichkeiten in Frage gestellt sein, die in keinem Bezug zu dem umstrittenen Versicherungsfall stehen. Solche Tatsachen müssen aber feststehen, d.h. unstreitig oder bewiesen sein.
2. Die rechtskräftige Verurteilung des Versicherungsnehmers wegen Betruges in einer zum Versicherungsfall vergleichbaren Fallgestaltung kann dessen Redlichkeit entfallen lassen.
3. Die Zulassung neuen Vorbringens im Berufungsverfahren setzt voraus, dass die Partei darlegt, warum sie gehindert war, diesen Vortrag nicht bereits in der ersten Instanz einzubringen.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1217/17) |
Tenor
1. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2022 wird aufgehoben.
2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
3. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten aus abgetretenem Recht Leistungen aus einer Elektronikversicherung aufgrund eines behaupteten Diebstahls von Messgeräten am 26. September 2016.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und der erstinstanzlichen Antragstellung wird auf das Urteil des Landgerichts Dresden vom 29. Oktober 2021 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass ein Zahlungsanspruch nicht gegeben sei, weil der Kläger bereits den äußeren Anschein eines Diebstahls nicht habe nachweisen können. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er ist der Auffassung, die Entscheidung sei rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht ihm zu Unrecht Beweiserleichterungen versagt habe. Entgegen der Beurteilung des Landgerichts habe er mit seinen Angaben das äußere Bild eines Diebstahls nachgewiesen. Das Landgericht habe nicht geprüft, ob der Kläger redlich sei und habe die grundsätzlich zu seinen Gunsten sprechende Redlichkeitsvermutung nicht berücksichtigt. Zudem hätte es ernsthafte Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit auch nicht mit seiner Verurteilung wegen 21fachen Betruges bzw. mit dem Umstand, er habe bei der Polizei von 2009 bis 2018 neun Diebstähle von Messgeräten gemeldet, begründen dürfen. Denn er habe bestritten, die ihm vorgeworfenen Straftaten begangen zu haben und auf ein beabsichtigtes Wiederaufnahmeverfahren hingewiesen. Im Hinblick auf die neun Diebstähle sei zu beachten, dass es sich insoweit nicht um Versicherungsangelegenheiten gehandelt habe. Schließlich stünden die dem Kläger zur Last gelegten Betrugshandlungen, die Gegenstand der Verurteilung seien, auch in keinem Bezug zu dem streitgegenständlichen Versicherungsfall. Das Landgericht habe es auch pflichtwidrig unterlassen, dem Kläger einen entsprechenden Hinweis zu erteilen, dass es der Übernahmebestätigung bezüglich des Erhaltes der streitgegenständlichen Messgeräte keinen Beweiswert beimessen wolle. Im Fall eines derartigen Hinweises hätte der Kläger bereits in erster Instanz einen Beweisantrag auf Zeugenvernehmung gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 08. Februar 2022 Bezug genommen.
II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung des Klägers nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Einwände des Klägers sind nicht durchgreifend. Insbesondere werden keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und daher erneute oder ergänzende Feststellungen gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), so dass der Senat an die erstinstanzlichen Feststellungen gebunden ist.
Dem Kläger ist danach der Nachweis eines versicherten Diebstahls nicht gelungen.
1. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Urteil vom 08. April 2015, Az.: IV ZR 171/13 - juris) dem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen zugutekommen lässt, was den Nachweis eines Diebstahls betrifft. Denn häufig spielen sich Diebstähle unbeobachtet ab und es fehlen Tatspuren, so dass berechtigte Entschädigungsforderungen des Versicherungsnehmers ...