Leitsatz (amtlich)
§ 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG führt nicht zur Kostentragungspflicht des Unterhaltsschuldners, wenn er zwar von der Unterhaltsvorschusskasse zur Auskunft über das Einkommen erfolglos aufgefordert wurde, die Unterhaltsvorschusskasse im weiteren Verlauf der vorgerichtlichen Korrespondenz aber deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Auskunft nicht mehr benötigt, zum Beispiel dadurch, dass sie dem Unterhaltsschuldner vorspiegelt, der Unterhaltsanspruch sei gerade wegen der nicht erteilten Auskunft unwiderruflich und unabhängig von der Leistungsfähigkeit entstanden.
Verfahrensgang
AG Bautzen (Beschluss vom 30.03.2017; Aktenzeichen 12 F 117/17) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bautzen vom 30.03.2017, 12 F 117/17, in Nr. 2 Satz 2 abgeändert:
Der Antragsteller trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Kostentragungspflicht in einem Kindesunterhaltsverfahren.
Der Antragsteller hat aus gemäß § 7 Abs. 1 UVG übergegangenem Recht Unterhaltsansprüche für drei minderjährige Kinder gegen die Antragsgegnerin, die Mutter der Kinder, geltend gemacht.
Vorgerichtlich hatte der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28.04.2015 aufgefordert, im Hinblick auf den gewährten Unterhaltsvorschuss ihre Einkünfte der letzten zwölf Monate mitzuteilen. Nachdem die Antragsgegnerin keine Auskunft erteilte, übersandte der Antragsteller unter dem 25.02.2016 ein Schreiben an die Antragsgegnerin, in dem heißt:
"Da Sie trotz Aufforderung keinerlei Einkommensnachweise einreichten, entstand für die Zeiten vom ... ein Rückstand gegenüber dem Freistaat Sachsen i.H.v. insgesamt 4.390,75 EUR, den Sie bitte bis zum 24.03.2016 ... zurückzahlen.
Sollte Ihnen die Tilgung in einer Summe nicht möglich sein, so weisen wir darauf hin, dass unter Übersendung Ihrer derzeitigen Einkommensnachweise (Kopien) eine Rückzahlung in monatlichen Raten auf Ihren Antrag hin vereinbart werden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass Sie zur Vermeidung von erheblichen Gerichtskosten im Jugendamt ... kostenfrei die vorgenannte Verpflichtung (4.390,75 EUR) bis zum 24.03.2016 beurkunden lassen ..."
Es folgt eine Liste der Rückstandsbeträge. Danach heißt es weiter:
"Hinweis: Ein Widerspruch gegen die Forderung ist weder dem Grunde noch der Höhe nach möglich! Im Falle der Nichtbegleichung und damit Nichtanerkennung der Forderung wird diese auf gerichtlichem Wege geltend gemacht!"
Dann erfolgten noch drei Schreiben vom 27.06.2016, 09.08.2016 und 22.12.2016, in denen der geltend gemachte Betrag angemahnt wurde.
Der Antragsteller hat dann unter dem 07.02.2017 bei dem Familiengericht einen Unterhaltsantrag gestellt, in dem er die übergegangenen Unterhaltsansprüche für die drei Kinder für die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 21.02.2016 in Höhe von insgesamt 4.270,76 EUR geltend gemacht hat. Im Verfahren hat die Antragsgegnerin ihre Einkünfte offengelegt, aus denen sich ihre Leistungsunfähigkeit ergeben hat. Der Antragsteller hat das Verfahren daraufhin für erledigt erklärt.
Das Familiengericht hat das Verfahren als erledigt angesehen. Gerichtskosten hat es nicht erhoben, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat es abgesehen. Der Beschluss enthält keine Begründung.
Gegen die Kostenentscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie begehrt, dem Antragsteller die Erstattung der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
In Unterhaltssachen entscheidet das Familiengericht über die Kostenverteilung abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung nach billigem Ermessen (§ 243 FamFG). Es hat dabei die in der Vorschrift genannten Aspekte zu berücksichtigen, insbesondere das Obsiegen und Unterliegen (§ 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG). Hiernach trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens in voller Höhe. Denn er ist mit seinem Antrag nicht durchgedrungen. Abzustellen ist auf die Anträge vor der Erledigungserklärung. Zwar hat das Familiengericht die Erledigung des Verfahrens festgestellt. Allerdings hatte die Antragsgegnerin vor dieser Feststellung nicht die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, so dass sie - vor dem abschließenden Beschluss - der Erledigungserklärung weder zustimmen noch ihr widersprechen konnte. Außerdem ist im Rahmen des § 243 FamFG nicht zwingend auf die zuletzt gestellten Anträge abzustellen, sondern insgesamt eine Ermessensentscheidung vorzunehmen. Eine Erledigung des Verfahrens in dem Sinne, dass ein nach Rechtshängigkeit eintretendes Ereignis den Antrag unzulässig oder unbegründet gemacht hätte, lag nicht vor. Vielmehr war der Antrag von Anfang an unbegründet, auch wenn der Antragsteller dies mangels Erteilung der Ausku...