Leitsatz (amtlich)
1. Scheitert die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes an das Gericht aus zunächst ungeklärter Ursache, hat der Rechtsanwalt technische Störungen im Empfangsbereich durch eine Rückfrage bei Gericht auszuschließen.
2. Ist auch hiernach eine Versendung per Telefax nicht möglich, hat der Rechtsanwalt den Schriftsatz gegebenenfalls persönlich aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) zu versenden; dass hierfür derzeit nur eine passive Nutzungspflicht besteht, steht einer solchen Pflicht nicht entgegen.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 1 HK O 1357/18) |
Tenor
I. Der Antrag der Beklagten, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 19.3.2019 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit dem der Beklagten am 26.3.2019 zugestellten Urteil ist zu ihren Lasten die Wirksamkeit des in Ziff. 1 aufgeführten notariellen Kaufvertrags bei Abweisung der Widerklage festgestellt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Berufungsbegründungsfrist wurde mit Verfügung des Vorsitzenden vom 24.5.2019 (Bl. 125) bis zum 26.6.2019 verlängert. Die Berufungsbegründung ging sodann am 27.6.2019 über die zentrale Faxeingangsnummer 0351/xxx-yyyy beim Oberlandesgericht ein. Beigefügt war ihr ein Sendebericht vom 26.6.2019, der eine nicht erfolgte Versendung mit der Fehlermeldung "D.0.7 keine Antwort Gegenseite prüfen" und der Telefonnummer "00351xxxxxxx" aufwies. Auf den Hinweis des Senats hat die Beklagte am 11.7.2019 unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin D... Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und behauptet, beginnend am frühen Nachmittag des 26.6.2019 seien zunächst durch die Beklagtenvertreterin selbst, später dann bis gegen 18:30 Uhr durch die Kanzleikraft "unzählige Versuche" unternommen worden, die Berufungsbegründung zu faxen.
II. Die Berufung der Beklagten war wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig zu verwerfen. Die gemäß § 520 ZPO bestimmte zweimonatige Frist lief nach Verlängerung am 26.6.2019, einem Mittwoch, ab. Diese Frist hat die Beklagte versäumt.
III. Der Beklagten war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Zwar ist die bis zum 11.7.2019 laufende Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO gewahrt. Die Beklagte war allerdings nicht ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist gehindert, § 233 ZPO. Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das sie sich gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, hat sie nicht ausgeräumt, auch wenn man davon ausgeht, dass es am 26.6.2019 die behaupteten "unzähligen Versuche" zur Übermittlung der Berufungsbegründung gegeben hat.
1. Zwar hat der Nutzer mit der Wahl einer Telefaxübertragung bei ordnungsgemäßer Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss vor 24.00 Uhr zu rechnen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916; vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, juris Rn. 4; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, juris Rn. 8; vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, aaO Rn. 9). Wird die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch Telefax durch ein Gericht eröffnet, dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken nicht auf die Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Das gilt im Besonderen für Störungen des Empfangsgeräts im Gericht. Denn in diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristversäumung in der Sphäre des Gerichts (BGH, Beschluss vom 08. April 2014 - VI ZB 1/13 -, Rn. 8, juris; Beschlüsse vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, aaO; vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, aaO). Allerdings dürfen dem Absender angezeigte Störungen des Übermittlungsvorgangs auch nicht vorschnell dem Empfangsgerät des Gerichts zugeschrieben werden. Vielmehr ist der Absender gehalten, den ihm erkennbar gewordenen Übermittlungsfehler bis zum Fristablauf zu beheben und zumindest weitere Übermittlungsversuche zu unternehmen, um auszuschließen, dass die Übermittlungsschwierigkeiten in seinem Bereich liegen. Bloße Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Empfangsgerätes können ihn insoweit nicht im Sinne von § 233 ZPO entlasten (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10 -, Rn. 9, juris).
Eine Störung des Empfangsgeräts ist nach den vom Senat angestellten Ermittlungen hier auszuschließen. Das beigezogene Empfangsjournal belegt für den gesamten 26.6.2019 einen störungsfreien Betrieb, die Poststelle des Oberlandesgerichts hat auch auf ausdrückliche Nachfrage keine St...