Leitsatz (amtlich)
1. Die "drucktechnische Hervorhebung" einer Widerrufsbelehrung nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. kann nicht verlangt werden; ausreichend ist, dass sie darauf angelegt ist, den Angesprochenen in irgendeiner Weise aufmerksam zu machen.
2. Eine zum Vorteil des Versicherungsnehmers abweichende Widerrufsbelehrung, die ihm für den Widerruf eine längere als die gesetzliche Frist einräumt und/oder es genügen lässt, dass der Widerspruch innerhalb der Frist abgesendet wurde, kann nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung führen.
3. Unschädlich ist es auch, wenn die Widerrufsbelehrung den Adressaten, an den der Widerspruch zu richten ist, nicht nennt.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1884/17) |
Tenor
Hinweis:
Mit Beschluss vom 19. Juni 2018 wurde der Berufungskläger nach Rücknahme der Berufung des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert des Berufungsverfahrens auf 21.379,66 EUR festzusetzen.
Gründe
I. Der Kläger hat mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Lebensversicherung zum 01.12.1992 abgeschlossen. Das mehrseitige Antragsformular enthält auf S. 2 im Abschnitt direkt oberhalb der Unterschriftenzeile unter "XIV. Erklärung des Antragstellers zum Widerrufsrecht" Folgendes:
Ich kann meinen Antrag innerhalb von 14 Tagen nach seiner Unterzeichnung widerrufen, und zwar auch dann, wenn er von der Gesellschaft bereits angenommen wurde. Mein Widerruf wird nur wirksam, wenn er in schriftlicher Form innerhalb dieser Frist an die E... Lebensversicherung abgesandt worden ist. Maßgebend ist das Datum des Poststempels.
Der Kläger nahm 1997, 1999 und 2002 jeweils ein Policendarlehen in Anspruch. Er zahlte Prämien i.H.v. über 20.000,00 EUR. Er hat den Vertrag zum 01.03.2004 gekündigt. Die Beklagte errechnete einen Rückkaufswert von 13.060,00 EUR und eine Überschussbeteiligung i.H.v. 1.489,80 EUR (14.549,80 EUR). Unter Abzug der ausgezahlten Policendarlehen sowie Steuern und Abgaben zahlte sie 915,75 EUR aus. Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 26.10.2016 den Widerspruch bzw. den Rücktritt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und er aus diesem Grund den Vertrag wirksam widerrufen habe. Die Belehrung sei nicht drucktechnisch hervorgehoben und sei auch inhaltlich mangelhaft. Er habe Anspruch auf Rückerstattung sämtlicher Prämien und der von der Beklagten gezogenen Nutzungen. Hilfsweise habe er jedenfalls Anspruch auf Auskunft über die Höhe des Rückkaufswertes. Dieser sei fehlerhaft berechnet worden.
Die Beklagte meint, die Belehrung sei ordnungsgemäß und im Übrigen sei das Widerrufsrecht erloschen. Jedenfalls sei der Anspruch des Klägers verwirkt. Der hilfsweise geltend gemachte Auskunftsanspruch sei verjährt.
Das Landgericht Leipzig hat mit Urteil vom 16.02.2018 - auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird - die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dass der Rücktritt nicht wirksam gewesen sei, weil die Belehrung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe und der Hilfsantrag wegen Verjährung unbegründet sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt vor, zu Unrecht habe das Landgericht die Belehrung nicht beanstandet. Sie unterscheide sich weder in Schriftform, Schriftart noch Schriftgröße vom übrigen Text. Nicht die Belehrung, sondern ein anderer Hinweis sei drucktechnisch durch die Farbe rot unter VIII. des Antrages hervorgehoben. Damit sei die Auffälligkeit deutlich herabgesetzt. Die Belehrung stelle zudem für den Lauf der Frist auf die Absendung ab und nicht auf den Eingang der Belehrung beim Versicherer, wie es der Gesetzeswortlaut fordere. Dieses sei zwar ein "Mehr" an Zeit, entspreche aber nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Widerrufsadressat müsse zwar nicht in der Belehrung wiedergegeben werden, allerdings lasse sich die Adresse nicht ohne Weiteres von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer auffinden. Es fehle der Hinweis darauf, dass der Widerruf ohne Angaben von Gründen erfolgen könne. Dies stelle einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar. Der Anspruch sei nicht verwirkt. Besonders gravierende Umstände, die eine Bejahung des Umstandsmomentes rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Die Hilfsansprüche seien nicht verjährt, weil auch der Hauptanspruch (Bereicherungsanspruch) nicht verjährt sei. Im vorliegenden Fall sei die Revision zuzulassen und das Verfahren dem EuGH vorzulegen wegen der Frage der Europarechtswidrigkeit des Policenmodells sowie zur Klärung der Frage, ob der Rückzahlungsanspruchs wegen widersprüchlichen Verhaltens nach jahrelanger Vertragsdurchführung nach § 242 BGB versagt werden könne.
II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmi...