Leitsatz (amtlich)
›Jedenfalls seit Inkrafttreten der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer vom 2.6.1997 kann die 13,4 x 18 cm große Zeitungsanzeige eines Steuerberaters nicht mehr als berufswidrig untersagt werden.‹
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 5 HKO 6047/96) |
Tatbestand
Der Kläger ist ein Lohnsteuerhilfeverein, der unter anderem in Chemnitz und Umgebung Beratungsstellen unterhält.
Der Beklagte ist in C und in D als Steuerberater tätig.
Er veröffentlichte in den Ausgaben des "A Anzeigers" von März 1996 und Mai 1996 jeweils inhaltsgleiche und gleichgestaltete Anzeigen, in denen er auf seinen Beruf, seine Anschriften und Fernmeldeanschlüsse sowie verschiedene Tätigkeitsgebiete hinwies. Die Zeitungsinserate, für deren Veröffentlichung der Beklagte jeweils 100,00 DM bezahlte, hatten die Maße 13,4 cm x 18 cm und waren wie nachfolgend wiedergegeben gestaltet.
Es folgt die Abbildung
Der Kläger hat die Anzeige des Beklagten vor allem im Hinblick auf ihre Größe als sittenwidrig (§ 1 UWG) und berufswidrig (§ 57a StBerG) beanstandet. Hierzu hat er vorgetragen, das Inserat des Beklagten wirke, weil es die gesamte obere Hälfte einer Seite im A Anzeiger einnehme, reklamehaft. Dem Beklagten sei aber auch nach der Novellierung des Steuerberatergesetzes und Einfügung des § 57a StBerG nur eine Werbung erlaubt, die sachlich über die berufliche Tätigkeit unterrichte. Dies bedeute, dass der Beklagte sich bei der Beanspruchung von Werbeflächen auf den zur Wiedergabe der sachlich gerechtfertigten Informationen benötigten Raum zu beschränken habe. Wie die größeren unbedruckten Freiflächen belegten, hätte aber der gesamte Text - ohne die Übersichtlichkeit der Anzeige zu gefährden - auf einem deutliche kleineren Raum untergebracht werden können. Diese Aufmachung lasse sich weder mit § 57a StBerG noch mit den Regelungen in den zur Auslegung dieser Vorschrift heranzuziehenden Standesrichtlinien der Bundessteuerberaterkammer - dort Nr. 34 - vereinbaren. Zugleich trete eine Benachteiligung derjenigen Mitbewerber ein, die sich die Werbeaufwendungen für derart große Anzeigen nicht leisten könnten. Darüber hinaus erwecke der Beklagte durch die Angabe seiner Privatanschrift den Eindruck einer ständigen Erreichbarkeit und den der Bereitschaft, auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten und außerhalb der Büroräume Mandanten zu empfangen und zu beraten, was ebenfalls als berufswidrig anzusehen sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Anzeigenannoncen auf seine Tätigkeit hinzuweisen, die eine Größe von 13,4 cm x 18 cm oder mehr aufweisen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, die Richtlinien der Bundessteuerberaterkammer seien überholt; die darin enthaltenen Regelungen könnten nicht mehr als Maßstab für die Beurteilung einer Werbung als berufswidrig zugrundegelegt werden. Der Gesetzgeber habe mit der Neuschaffung des § 57a StBerG das Ziel verfolgt, die Wettbewerbschancen der Steuerberater im Binnenmarkt zu erhöhen und ihre Freiheit zur Selbstdarstellung durch die Gestattung einer - maßvollen - Informationswerbung zu erweitern. Auch sei nicht ersichtlich, dass allein die Größe einer Anzeige besondere Aufmerksamkeit erregen und reklamehaft wirken könne.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß durch Urteil vom 07.03.1997 kostenpflichtig zur Unterlassung verurteilt. Es hat ausgeführt, die Verhinderung einer Kommerzialisierung der steuerberatenden Berufe liege im Interesse einer wirksamen Steuerrechtspflege als einem wichtigen Gemeinschaftsgut. Die Anzeige des Beklagten verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot des § 57a StBerG, da dieser eine übertriebene und reklamehafte Form der Selbstdarstellung gewählt habe. Allein die Größe der Anzeige führe zu einem Tatbestand, bei dem eine reklamehafte und reißerische Darstellung zu bejahen sei. Die Grenzen eines noch zulässigen Anzeigenformats ließen sich anhand ihres sachlich gerechtfertigten Inhalts bestimmen. Bei der vorliegenden Fallgestaltung sei - gemessen an dem Umfang des Textes - die gewählte Anzeigengröße auch unter Beachtung des Übersichtlichkeitsgebots nicht erforderlich gewesen.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten, mit der er auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt. Ergänzend trägt er vor, es bestehe keine gesetzliche Verpflichtung, die ihn anhalte, den Anzeigentext auf einer kleineren Werbefläche zu komprimieren. Im übrigen sei die verwendete Anzeigengröße - auch angesichts der Darstellung seines Firmenlogos - zur Vermittlung der sachlich gerechtfertigten Informationen erforderlich und angemessen. Andere Steuerberater und Rechtsanwälte beanspruchten gleich und ähnlich große Werbeflächen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 07.03.1997 abzuändern und die K...