Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 17.02.1997; Aktenzeichen 3 HKO 2553/96) |
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Chemnitz vom 17.02.1997 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Wert der Beschwer des Klägers beträgt 50.000,00 DM.
Tatbestand
Der klagende Lohnsteuerhilfeverein wendet sich mit einem auf § 1 UWG, § 57a StBerG gestützten Unterlassungsanspruch gegen die – als übermäßig beanstandete – Größe des von der Beklagten benutzten Praxisschildes.
Die Beklagte ist eine bundesweit tätige Steuerberatungsgesellschaft, die unter anderem in Zschoppau/Sachsen, wo auch der Kläger eine Beratungsstelle unterhält, eine Zweigniederlassung betreibt.
Sie weist auf die Büroräume ihrer Zweigniederlassung mit einem an einer Hauswand angebrachten 50 cm × 55 cm großen Praxisschild hin, das in schwarzen Lettern auf goldenem Grund folgende Aufschrift trägt:
HDL – H |
S |
mbH |
Hintergebäude |
Lohnsteuerberatung |
Unmittelbar unterhalb dieses Schildes befindet sich ein weiteres 30 cm × 40 cm großes, ebenfalls goldfarbiges Praxisschild einer Fachärztin.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe mit der Größe des verwendeten Praxisschildes den Rahmen einer sachlich gebotenen und mit § 57a StBerG in Einklang stehenden Werbung deutlich überschritten. Die übliche, auch von der Ärztin verwendete Schildergröße von 30 cm × 40 cm sei ausreichend, um auf die Lage der Praxisräume hinzuweisen. Gerade ein Vergleich der unmittelbar übereinander angeordneten Praxisschilder zeige, daß die Beklagte sich nicht – wie gemäß Nr. 37 Abs. 1 der Standesrichtlinien geboten – auf den zur Vermittlung der erforderlichen Informationen notwendigen Raum beschränke, sondern mit ihrem überdimensionierten Praxisschild die Grenzen zu einer berufswidrigen, reklamehaften Werbung weit überschritten habe. Darüber hinaus sei es der Beklagten gemäß Nr. 37 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinien auch untersagt, auf ihre Lohnsteuerberatertätigkeit ohne die Angabe von Sprechzeiten hinzuweisen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Firmenschilder bzw. Hinweisschilder zur Kenntlichmachung von Geschäftslokalen bzw. Niederlassungen und Zweigstellen zu verwenden, die eine Größe von 50 cm auf 55 cm oder mehr aufweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, spätestens seit Einfügung des § 57a StBerG könnten die Standesrichtlinien der Steuerberater nicht mehr zur Auslegung und Konkretisierung der Berufspflichten der Steuerberater herangezogen werden. Das Praxisschild verstoße weder im Hinblick auf die Angabe der Lohnsteuerberatertätigkeit noch in Anbetracht der Größe gegen das Sachlichkeitsgebot des § 57a StBerG. Seit Inkrafttreten des § 57a StBerG und der inhaltsgleichen Vorschrift des § 43b BRAO sei anerkannt, daß die Angehörigen der steuer- und rechtsberatenden Berufe auf Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte hinweisen dürften. Ein entgegenstehendes Verbot begegne im übrigen auch verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Größe des Kanzleischildes von 50 cm × 55 cm könne bereits deshalb nicht als berufswidrige Werbung aufgefaßt werden, weil das Praxisschild insgesamt äußerst sachlich gestaltet sei. Ebensowenig verleihe ihm die Größe eine übertriebene oder reklamehafte Form. Es komme seit der Novellierung des Steuerberatergesetzes nicht mehr darauf an, was üblich, oder „normal” sei. Schließlich könne eine Größe von 30 cm × 40 cm, gemessen an heutigen Verhältnissen, auch nicht mehr als üblich angesehen werden.
Das Landgericht hat die Klage – nach Einholung einer schriftlichen gutachterlichen Stellungnahme der Landessteuerberaterkammer, auf die Bezug genommen wird (Bl. 34 bis 40 d.A.) – durch Urteil vom 17.02.1997 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Größe des Schildes entspreche noch dem Sachlichkeitsgebot des § 57a StBerG. Nicht ersichtlich sei, daß die gewählte Größe schon reklamehafte Züge aufweise oder dem Publikum als besonders reißerisch ins Auge springe. Die Beklagte sei auch nicht aufgrund des – kleineren – Praxisschildes der Fachärztin gehindert, ihrerseits ein größeres Schild anzubringen. Dies könne ihr aufgrund der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit zur Selbstdarstellung nicht verwehrt sein. Ebensowenig bestehe ein Konsens bei den Angehörigen der steuerberatenden Berufe darüber, daß bei Praxisschildern eine Größe von 30 cm × 40 cm einzuhalten sei. Eine auffällige, berufswidrige Gestalt sei aber dem Gesamtcharakter des Schildes ...