Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 2 O 675/20) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers unter ihrer Zurückweisung im Übrigen wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 04.12.2020, 2 O 675/20, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.438,45 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
aus 21.533,80 EUR für die Zeit vom 26.06.2020 bis zum 13.10.2020
aus 20.217,03 EUR für die Zeit vom 14.10.2020 bis zum 11.11.2021
und aus dem zugesprochenen Betrag seit dem 12.11.2021
Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs ..., Fahrzeugidentifikationsnummer ...
zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.
III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 24.326,67 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Schadensersatz im Hinblick auf ein von ihm erworbenes Fahrzeug, das vom sog. "Diesel-Abgasskandal" betroffen ist.
Er kaufte 2012 das Fahrzeug xxx mit der Fahrzeugidentifzierungsnummer ... zum Preis von 35.600,00 EUR als Neuwagen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht betrug die Laufleistung des Fahrzeuges 102.559 km und am 12.11.2021 113.494 km.
Das Fahrzeug verfügt über einen von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 EU 5. Die Motorsteuerungssoftware erkennt, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand betrieben wird oder sich im realen Fahrbetrieb befindet. Die ursprünglich installierte Software kannte zwei Betriebsmodi, nach denen die Abgasrückführungsrate gesteuert wurde. Der Modus 1 war nur aktiv, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfuhr. In anderen Fahrsituationen, also bei der Nutzung im Straßenverkehr, war der Modus 0 aktiv. Dieser wies eine gegenüber dem Modus 1 niedrigere Abgasrückführungsrate auf. Die Abgasrückführung bewirkt durch Absenkung der Verbrennungstemperatur einen geringeren Ausstoß von Stickoxiden. Wird eine niedrigere Menge an Abgas zurückgeführt, erhöht sich die Verbrennungstemperatur, und die Abgase enthalten eine höhere Menge an Stickoxiden. Durch das von der Beklagten angebotene und am Fahrzeug durchgeführte Software-Update wurde diese Umschaltlogik beseitigt, d.h. die Abgasrückführung wird im Fahrbetrieb nach demselben Modus geregelt wie auf dem Prüfstand. Das Update wurde am 25.10.2016 aufgespielt (vgl. Anlage K3).
Der Senat verweist im Übrigen auf die Feststellungen im angegriffenen Urteil.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte dem Kläger zwar grundsätzlich aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hafte. Der Anspruch sei jedoch verjährt. Der Kläger sei nicht, nachdem die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben habe, auf den Restschadensersatzanspruch aus § 852 S. 1 BGB übergegangen. Es seien keine Darlegungen erfolgt, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte etwas aus dem Verkauf des Fahrzeugs an den Kläger erlangt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Zur Begründung führt er aus, dass die Forderung nicht verjährt sei. Die Verjährung habe erst mit dem Schluss des Jahres 2017 begonnen. Bei einem weitgehend ungeklärten Sachverhalt sei eine Klage nicht zumutbar. Die Beklagte habe stets bestritten, dass ihr Vorstand bzw. eine für eine Haftung nach § 826 BGB in Betracht kommende Person Kenntnis von der Manipulation gehabt habe. Im Übrigen könne auf die Verjährung gemäß § 852 BGB abgestellt werden. Die Verjährung könne daher frühestens am 19.10.2022 eintreten. Die Beklagte habe auch etwas auf Kosten des Klägers erlangt. Es handele sich um einen Neuwagenkauf, sodass der Beklagten der Einkaufspreis des Händlers zugeflossen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 04.12.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Chemnitz, Az.: 2 O 675/20
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.326,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs xxx, Fahrzeugidentifikationsnummer ...;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs xxx, Fahrzeugidentifikationsnummer ... im Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den vorgerichtlichen Gebühren seiner Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwälte ... mbB, ......