Leitsatz (amtlich)
Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach dem Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (hier: Art. 17 Abs. 1, Abs. 4 LugÜ)
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 15.10.2008; Aktenzeichen 1 O 675/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Chemnitz vom 15.10.2008 - 1 O 675/08, abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.494,29 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.6.2007 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits - beider Rechtszüge - zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Endurteil des LG Chemnitz vom 15.10.2008, durch das ihre Klage als unzulässig abgewiesen worden ist.
Auf die Anfrage der Beklagten per E-Mail vom 5.4.2007 (vgl. Anlage K 1) unterbreitete die Klägerin, eine Gesellschaft schweizerischen Rechts, am 11.4.2007 ein Angebot über geschmiedete Titanstreifen zu einem Kilopreis von 85,80 EUR und über Titanstreifen, welche aus der Platte geschnitten sind, zu einem Kilopreis von 95,80 EUR (vgl. Anlage K 2). In dem Angebot der Klägerin wird auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bezug genommen, welche unter der Internet-Adresse: "http://..." abgerufen werden konnten. Es heißt dort auszugsweise:
"Jurisdiction
Agreements and the rights and obligations of the parties hereunder shall be constructed and interpreted in accordance with the law of Switzerland. The courts in ..., Switzerland, shall have exclusive jurisdiction."
Nachdem die Beklagte das Angebot hinsichtlich der geschmiedeten Titanstreifen am 12.4.2007 sowohl fernmündlich als auch per E-Mail angenommen hatte (Gesamtmenge: 72 kg), übersandte ihr die Klägerin noch am 12.4.2007 eine Auftragsbestätigung (vgl. Anlage K 3). Der Gesamtpreis der Lieferung, bei der eine Mengentoleranz von 10 % möglich war, beläuft sich laut Auftragsbestätigung auf 7.351,34 EUR, welcher innerhalb von 21 Tagen "rein netto" zu bezahlen war. Die Lieferung sollte innerhalb von 4-6 Wochen unter Geltung der Incoterms erfolgen. Unter den Allgemeinen Vertragsbedingungen findet sich sodann die folgende Bestimmung:
"Dieser Vertrag ist ausschließlich unter den vorgenannten Bedingungen abgeschlossen. Änderungen bedürfen unserer schriftlichen Bestätigung. Subsidiär gelten die einschlägigen Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts. Gerichtsstand: Z ... Schweiz".
Am 24.5.2007 wurden der Beklagten insgesamt 73,40 kg geschmiedeter Titanstreifen übergeben (vgl. Lieferschein vom 12.4.2007, Anlage K 4, sowie Empfangsbestätigung, Anlage K 5) und mit 7.494,29 EUR in Rechnung gestellt (vgl. Anlage K 6). Auf die Bitte der Beklagten stellte die Klägerin am 28.5.2007 eine neue Rechnung aus, die als Rechnungsempfänger die inzwischen in Vermögensverfall geratene "S ... GmbH" auswies. Nachdem der Kaufpreis für die Titanstreifenlieferung weder von der Beklagten noch von der Fa. S ... GmbH ausgeglichen worden war, forderte der anwaltliche Vertreter der Klägerin die Beklagte am 24.10.2007 zur Zahlung bis zum 31.10.2007 auf (vgl. Anlage K 10). Gegen den am 30.10.2007 erlassenen Mahnbescheid, welcher ihr am 10.11.2007 zugestellt worden war, legte die Beklagte am 21.11.2007 Widerspruch ein, so dass das Verfahren nach Einzahlung eines weiteren Gerichtskostenvorschusses i.H.v. 415 EUR an das im Mahnantrag bezeichnete LG Chemnitz als Streitgericht abgegeben wurde.
Die Klägerin hat beantragt:
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.494,29 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 15.6.2007 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 555,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 18.6.2007 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz i.H.v. 18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2007 zu zahlen.
Wie in der Verteidigungsanzeige angekündigt, hat die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in der Klageerwiderung die Ansicht vertreten, dass das LG Chemnitz international nicht zuständig sei. Denn nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin seien allein die Schweizerischen Gerichte dazu berufen, über den Rechtsstreit zu befinden.
Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage und dem Hinweis der Beklagten, dass sie sich vor einer Entscheidung über die "örtliche Zuständigkeit" nicht zur Sache selbst einlassen werde, hat das LG in der öffentlichen Sitzung vom 17.9.2008 darauf hingewiesen, dass es zunächst über die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte entscheiden werde. Mit Urteil vom 15.10.2008 hat das LG Chemnitz die Klage als unzulässig abgewiesen. Denn die Parteien hätten vorliegend einen ausschließlichen Gerichtsstand in .../Schweiz vereinbart. Dieser Gerichtsstand ergebe...