Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 01 HK O 1560/19) |
Tenor
Das Urteil der 1. Handelskammer des Landgerichts Leipzig vom 7. Februar 2020 (1 HK O 1560/19) wird aufgehoben. Es wird folgende einstweilige Verfügung erlassen:
1. Der Verfügungsbeklagten wird es im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, mit der Streithelferin (Z. AG) oder einem anderen Unternehmen den mit Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 16.12.2015 ausgeschriebenen Wegenutzungsvertrag zum Betrieb der allgemeinen Versorgung im Stadtgebiet der Verfügungsbeklagten abzuschließen;
2. Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist;
3. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen, die diese selbst trägt.
Gründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
I. Die Verfügungsklägerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Verfügungsbeklagten einstweilen untersagt wird, mit der Verfügungsklägerin einen Stromkonzessionsvertrag zu schließen.
Die Verfügungsbeklagte machte unter dem 16.12.2015 das Auslaufen des Stromkonzessionsvertrages in ihrem Stadtgebiet zum 31.12.2017 bekannt. Ihr bisheriger Konzessionsvertragspartner war die hiesige Nebenintervenientin. Die Verfügungsklägerin, die das Stromnetz im benachbarten X. betreibt, gab unter dem 21.10.2016 ein Angebot zum Abschluss eines Stromkonzessionsvertrages ab. Unter dem 24.02.2017 ließ die Verfügungsklägerin mitteilen, dass sie von der durch § 118 Abs. 23 EnWG a.F. eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen wolle, die Bestimmung des neuen § 47 EnWG zur Anwendung bringen zu können. Auf einen Verfahrensbrief der Verfügungsbeklagten unter dem 09.03.2017 erhob die Verfügungsklägerin Rügen, denen die Verfügungsbeklagte nicht abhalf. Auf einen Verfahrensbrief der Verfügungsbeklagten erhob die Klägerin mit Schreiben vom 05.09.2017 Rüge gemäß § 47 EnWG. Dazu nahm die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 15.09.2017 Stellung. Mit Schreiben vom 26.06.2018 teilte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mit, dass ihr Stadtrat in seiner Sitzung vom 20. Juni 2018 für das Angebot der Nebenintervenientin gestimmt, den Oberbürgermeister damit beauftragt habe, den entsprechenden Konzessionsvertrag abzuschließen. Nach gehabter Akteneinsicht und weiterer Korrespondenz darüber teilte die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten Folgendes mit: "Aufgrund der Tatsache, dass der Auswertungsvermerk, der die wesentliche Grundlage für die Auswahlentscheidung der Stadt Y. war, weitestgehend "geweißt", das heißt unkenntlich gemacht ist, kann nicht von einer vollständigen Akteneinsicht ausgegangen werden. Die Auswahlentscheidung ist durch die weitgehenden Weißungen im Aktenauswahlvermerk nicht nachvollziehbar. ... Nach § 47 Abs. 3 EnWG hat die Stadt jedem beteiligten Unternehmer zur Vorbereitung einer Rüge auf Antrag Einsicht in die Akten zu gewähren. ... Bei der Gewährung der Akteneinsicht hat die Stadt Y. zwar grundsätzlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der anderen Bieter zu wahren. ... Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Unterlagen von der Offenlegung gegenüber anderen Mitbewerbern ausgeschlossen wären." Im Laufe des weiteren Konzessionierungsverfahrens übersandte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mehrere in unterschiedlichem Umfang geweißte Auswahlvermerke, an die die Verfügungsklägerin jeweils Rügen anknüpfte. Mit Schreiben vom 22.10.2019 und 15.11.2019 übersandte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigten einen ungeweißten Auswertungsvermerk. Daraufhin erhob die Verfügungsklägerin unter dem 22.11.2019 weitere Rügen, denen die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 18.12.2019 insgesamt nicht abhalf.
Mit seit dem 26. Juni 2019 rechtskräftigem Urteil vom 1. Februar 2019 (1 HK O 2490/18) untersagte die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Leipzig der Verfügungsklägerin, mit der Streithelferin oder mit anderen Unternehmen den (...) am 16. Dezember 2015 ausgeschriebenen Wegenutzungsvertrag zum Betrieb des Stromversorgungsnetzes (...) im Stadtgebiet der Verfügungsbeklagten abzuschließen. Der Unterlassungsanspruch wurde aus Verfahrensverstößen der Verfügungsbeklagten abgeleitet. Die Vorschrift über die Akteneinsicht sei nicht eingehalten worden. Selbst wenn die Akteneinsicht nachgeholt worden sei, fehle jedenfalls eine Entscheidung der Verfügungsbeklagten über die Abhilfe.
Unter dem 22.10.2019 übersandte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin einen ungeweißten Auswertungsvermerk, der der Verfügungsklägerin am 15.11.2019 zuging. Mit Schreiben vom 22.11.2019 teilte die Verfügungsklägerin mit, dass sie sämtliche Rügen auch nach Einsicht im ungeweißten Vermerk aufrechterhalte. Ergänzenden Vortrag erhob die Verfüg...