Verfahrensgang

LG Leipzig (Entscheidung vom 27.02.2007; Aktenzeichen 7 O 2836/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.05.2009; Aktenzeichen IX ZR 151/07)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 27.02.2007 - 7 O 2836/06 - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

  • 4.

    Die Beschwer des Klägers beträgt 39.200,00 EUR.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 04.12.2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des xxx (im Folgenden: Schuldner). Er verlangt von der Beklagten Erstattung von Zahlungen, die sie durch Ausführung von Verfügungen des Schuldners über dessen nach der Verfahrenseröffnung am 07.05.2004 eingerichtetes Girokonto an diesen geleistet hat. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands in der ersten Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe an den Schuldner schuldbefreiend geleistet. Aufgrund der amtlichen Bekanntmachung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners sei zwar die Kenntnis der Beklagten hierüber zu vermuten; ihr sei allerdings der Beweis gelungen, dass sie zum Zeitpunkt der einzelnen Leistungen keine Kenntnis mehr gehabt habe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er ist der Ansicht, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Beklagte nach § 82 InsO schuldbefreiend geleistet habe, denn sie habe vom Insolvenzverfahren Kenntnis gehabt. Entgegen der Beweiswürdigung des Landgerichts sei durch die Beweisaufnahme die für den Kläger streitende Vermutungswirkung sogar bestätigt worden. Das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, eine einmal erlangte Kenntnis könne durch Zeitablauf in Wegfall geraten, weil eine solche Annahme der Zustellungswirkung des § 9 Abs. 3 InsO widerspreche. Vielmehr müsse sich die Beklagte so behandeln lassen, als ob ihr der Eröffnungsbeschluss zugestellt worden sei. Schließlich sei die Entscheidung auch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht tragfähig, weil danach die Anwendbarkeit des § 82 InsO allein davon abhinge, ob die Leistung innerhalb von vier Tagen nach Bekanntmachung oder innerhalb von vier Jahren erfolgt sei. Das Landgericht habe eine Prüfung der Obliegenheitsverletzung der Beklagten unterlassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (ZIP 2006, 138 ff.) habe jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherzustellen, dass ihr ordnungsgemäß zugehende rechtserhebliche Informationen von den Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 39.200,00 EUR nebst 8% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 22.06.2006 zur Insolvenzmasse zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, das Landgericht habe offen gelassen, ob sie durch eine Information in den Veröffentlichungsblättern über die Insolvenz eines ihr gänzlich unbekannten Schuldners positive Kenntnis von diesem Umstand habe erlangen können. Dies lasse sich den Zeugenaussagen auch nicht entnehmen. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung sei der Schuldner bei der Beklagten nicht Kunde gewesen. Bei der Auswertung von Insolvenzveröffentlichungen sei durch den von den Zeugen dargestellten, bei ihr üblichen Abgleich mit dem Kundenbestand eine Übereinstimmung mit den Daten des Schuldners folglich nicht festgestellt und diese daher auch nicht gespeichert worden. Die für den Abgleich zuständigen Zeugen xxx hätten sie sich nicht über die Zeit gemerkt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien der Wissenszurechnung juristischer Personen auch persönliche und zeitliche Grenzen gesetzt. Die Fortdauer der Wissenszurechnung hänge davon ab, ob es sich bei den fraglichen Tatsachen um typischerweise aktenmäßig festgehaltenes Wissen handele. Das sei bei der Beklagten nicht der Fall, weil sie sämtliche Insolvenzveröffentlichungen weder als Datei in ihrer EDV noch manuell in einer Datei erfasse. Schließlich habe die Beklagte ausreichende organisatorische Vorkehrungen hinsichtlich der Information im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren getroffen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 11.07.2007 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, weil das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. Die Beklagte hatte jedenfall...

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