Verfahrensgang
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Zwickau vom 30.07.2010 – AZ.: 7 O 1325/07 – wird
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert wird auf bis zu 14.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte wegen des streitgegenständlichen Unfalls zur Zahlung von Schmerzensgeld und materiellem Schadensersatz verurteilt.
1. Von der Darstellung des Sach- und Streitstands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 Satz 1, 253 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Ersatz ihres aufgrund des Unfalls erlittenen materiellen und immateriellen Schadens zu.
Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass für eine Haftung der Beklagten nach der für die Klägerin aufgrund der Beweislastverteilung günstigeren Anspruchsnorm des § 834 BGB (Haftung des Tieraufsehers für vermutetes Verschulden) kein Raum ist. Für eine in dieser Norm vorausgesetzte vertragliche Übernahme der Aufsicht über den Hund durch die Beklagte ist schon nichts vorgetragen; regelmäßig kann bei Angehörigen, die einen Hund ausführen, wegen der im Vordergrund stehenden bloßen Gefälligkeit schon nicht von dem hierfür erforderlichen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen ausgegangen werden (OLG Hamm, Urt. v. 20.12.1989, Az. 13 U 340/88, VersR 1990, 400, Juris). Die Beklagte ist unstreitig auch nicht Halterin des Hundes (§ 833 BGB), so dass eine verschuldensunabhängige Haftung nicht in Betracht kommt.
Im Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin unmittelbar nach dem Hochsteigen des Hundes gestürzt ist. Diese Würdigung der Aussage des Zeugen Hauser wird von der Berufung auch nicht weiter angegriffen. Die Schilderung der Beklagten widerspricht dem nicht, hat sie doch auch in unmittelbarem Zusammenhang einen Schrei der Klägerin wahrgenommen. Zutreffend hat das Landgericht schließlich ausgeführt, dass es für den haftungsbegründenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob die Klägerin unmittelbar aufgrund der Wucht des an ihr hochspringenden Hundes zu Fall kam oder aber in der Folge einer bei der Klägerin hierdurch ausgelösten Schreckreaktion. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Hund – unstreitig der Klägerin damit nicht aggressiv begegnen wollte, sondern eher verspielt, ist doch, zumal angesichts der schieren Größe einer Dogge, eine Schreckreaktion der Klägerin verständlich und ohne weiteres nachvollziehbar. Die Beklagte haftet aber auch in einem Fall nur psychsich vermittelter Kausalität (OLG Brandenburg, Urt. v. 17.01.2008, Az. 12 U 94/07, DAR 2008, 647). Eine diesen Ursachenzusammenhang unterbrechende, völlig außergewöhnliche, ja überzogene Verhaltensweise der Klägerin behauptet auch die Berufung in diesem Zusammenhang nicht.
Im Ergebnis der Anhörung beider Parteien (§ 141 ZPO) ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte im vorliegenden Fall die verkehrsübliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) außer Acht ließ, mithin fahrlässig handelte.
Der Berufung ist zwar zuzugeben, dass die Begründung des Landgerichts auch so verstanden werden könnte, dass ein Hundeführer in jedem Fall nur mit einem ausreichenden Abstand an Passanten vorbeigehen darf, selbst wenn das Tier zuvor keinerlei Auffälligkeiten gezeigt hatte, es insbesondere zuvor niemals an Passanten hochgesprungen ist, also als „gut erzogen” gelten kann. Insbesondere in Ballungszentren mit starker Bevölkerungsdichte dürfte es kaum möglich sein, vorbeugend stets einen solchen „Sicherheitsabstand” einzuhalten. Grundsätzlich genügt deshalb ein Hundeführer seinen Pflichten, wenn er (in Fällen von Leinenzwang) seinen Hund – gegebenenfalls straff – an der Leine führt, soweit dieser in vergleichbaren Situationen zuvor noch nie ein auffälliges, sei es aggressives oder spontanverspieltes Verhalten gezeigt hat, so dass auch keine weitergehenden Vorsichtsmaßnahmen angezeigt sind. Auch wenn sich bei einem Hund, wie wohl bei jedem Tier, niemals sicher ausschließen lässt, dass er plötzlich ein völlig unerwartetes Verhalten zeigt, hieße es die Grenze zur – verschuldensunabhängigen – Gefährdungshaftung des Tierhalters (§ 833 BGB) zu verwischen, wollte man bereits im nahen Vorbeiführen des angeleinten Hundes ohne weitere besondere Umstände einen Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) bejahen.
Bereits das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend aber (auch) auf den Umstand abgestellt, dass die Dogge zuvor an der Klägerin schnüffeln konnte, bevor sie an ihr hochsprang. Nach der eigenen Schilderung der Be...