Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Verfahrensgang
LG Dresden (Urteil vom 16.01.2001; Aktenzeichen 12 O 4872/00) |
Tenor
1. Das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 16.01.2001 (12 O 4872/00) wird wie folgt geändert: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 18.750,00 DM nebst 4 % Zinsen seit 26.10.2000 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Beklagte ist durch dieses Urteil zu 18.750,00 DM beschwert.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger hatte mit seinem – geleasten – Renault, der bei der Beklagten vollkaskoversichert war, im Februar 2000 einen Verkehrsunfall. Die Beklagte zahlt nicht. Sie wirft dem Kläger vor, er habe den Unfall grob fahrlässig verursacht. Im Laufe des Prozesses hat sie zudem eingewandt, der Kläger habe ihr den Unfall nicht korrekt angezeigt. Auch deshalb müsse sie nicht leisten.
Das hat folgenden Hintergrund:
Der Kläger ist in den frühen Morgenstunden eines Februarsamstags auf kerzengerader Strecke von der Fahrbahn abgekommen. Die Ursache dessen ist unklar. Gegenüber der Polizei gab der Kläger, wenige Tage nach dem Unfall, an: „Wie es zum Unfall gekommen ist, kann ich nicht sagen, da ich mich an nichts mehr erinnern kann. Ich vermute, dass mir die Zigarette heruntergefallen ist und ich sie aufheben wollte, wobei ich von der Fahrbahn abgekommen bin. Im Krankenwagen bin ich wieder zu mir gekommen. Dazwischen weiß ich nichts mehr.”
In der Schadensanzeige gegenüber der Beklagten heißt es: „Hr. M befuhr die B 6, ist auf glatter Fahrbahn ins Schleudern gekommen und von der Fahrbahn abgekommen.”
Der Kläger bringt vor, von dem Unfall wisse er nichts mehr. Es könne daher auch sein, dass er ohne eigenes Verschulden oder infolge Fremdverschuldens von der Straße abgekommen sei. Die Angabe in der Schadensanzeige stamme nicht von ihm, sondern von einem Mitarbeiter des Versicherungsagenten. Mündlich habe er diesem gesagt, wie es sich wirklich verhalte, also dass er sich an nichts erinnern könne.
Die Beklagte will den Kläger an seiner Erklärung vor der Polizei, er habe sich nach der Zigarette gebückt, festhalten. Damit sei, so die Beklagte, der Ausschlusstatbestand des § 61 VVG verwirklicht. Hinzu käme die Falschangabe zur Schadensursache, die über § 6 Abs. 3 VVG zur Leistungsfreiheit führe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Sowohl § 61 VVG wie auch § 6 Abs. 3 VVG seien einschlägig. Die Beklagte müsse daher nicht zahlen.
Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dresden vom 16.01.2001 die Beklagte zu verurteilen, an ihn (hilfsweise an die Renault Leasing GmbH & Co. OHG) 18.750,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
… die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bringt neu vor, dem Kläger fehle die Aktivlegitimation. Er habe (was der Kläger nicht bestreitet) seine etwaigen Ansprüche aus der Fahrzeugversicherung an die Leasinggeberin abgetreten.
Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweisen die Berufungsrichter auf das angefochtene Urteil, die Berufungsschriftsätze, deren Anlagen und das Protokoll zum Senatstermin vom 29.05.2001.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet. Sie führt zur Änderung der angefochtenen Entscheidung und zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
Die klägerische Forderung resultiert aus § 1 Abs. 1 VVG i.V.m. § 12 Nr. 1 II. e) AKB. Deren Voraussetzungen (Vertrag, Versicherungsfall, Schadenshöhe) sind bei Nichtbestreiten schlüssig dargelegt. Gleiches gilt für die geltend gemachten Zinsen (§§ 291, 246 BGB).
Der Kläger kann insofern auch Zahlung an sich verlangen. Das folgt, in der hier einschlägigen Sachlage der Versicherung für fremde Rechnung (dazu Römer, VVG, Rn. 12 zu § 74), aus § 76 Abs. 1, Abs. 2 VVG. Danach gilt der Versicherungsnehmer als – uneingeschränkt – aktivlegitimiert, es sei denn, der Versicherer legt dar und beweist, dass ein Versicherungsschein ausgestellt ist. Hier fehlt bereits ein entsprechender Vortrag der Beklagten. So ist es nicht nötig, dass der Kläger die zusätzlichen Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 VVG darlegt und beweist, also den Versicherungsschein vorlegt.
Die Beklagte hat nicht das Recht, die Versicherungsleistung zu verweigern. Weder § 6 Abs. 3 VVG noch § 61 VVG begründen einen entsprechenden Einwand.
Zu ersterem mag dahinstehen, ob der Versicherungsagent die Angabe des Klägers falsch dokumentiert hat, mithin bereits die Obliegenheitsverletzung fehlt. Denn es fehlt jedenfalls die Belehrung zu den Folgen einer solchen Falschangabe. Ohne einen solchen Hinweis missbraucht die Beklagte jedoch ihr – etwaiges – Recht aus § 6 Abs. 3 VVG, § 7 I. 2. S.1, V. 4. AKB. Dies haben Bundesgerichtshof und obergerichtliche Rechtsprechung mehrfach entschieden. Der Senat verweist hierauf (vgl. die Nachweise bei Römer § 6 Rn. 44 sowie bei Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 26...