Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 3143/16)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 31.01.2018,

Az.: 08 O 3143/18, wird unter Aufhebung von Ziffer 2. des angefochtenen Urteils

zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1. zu 88 % und die Klägerin zu 2. zu 12 %.

III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind hinsichtlich der Kosten der Beklagten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Beklagten insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen begehren gemäß §§ 110, 111 SGB VII von den Beklagten den Ersatz ihrer Aufwendungen, die sie anlässlich eines tödlichen Arbeitsunfalles eines versicherten Dachdeckers vom 17.11.2012 erbracht haben.

Auf die im landgerichtlichen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen sowie die erstinstanzlich gestellten Anträge im Tatbestand wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Leipzig hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Unfall durch einen objektiv groben Pflichtverstoß der Beklagten entstanden sei, wofür vieles spreche, jedenfalls sei es aber nicht davon überzeugt, dass den Beklagten auch der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gemacht werden könne. Das erforderliche hohe Maß der subjektiven Vorwerfbarkeit habe das Verhalten des Beklagten 1. vorliegend nicht erfüllt. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das ihnen am 06.02.2018 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen mit am 21.02.2018 eingegangenen Schriftsatz vom 19.02.2018 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 21.03.2018, beim Oberlandesgericht am selben Tag eingegangen, wie folgt begründet:

Die Voraussetzung für eine Haftung des Beklagten zu 1. nach § 110 Abs. 1 SGB VII und der Beklagten zu 2. nach § 111 SGB VII seien gegeben. Zu Unrecht habe das Landgericht eine subjektiv grobe Fahrlässigkeit verneint. Soweit es darauf abstelle, dass ein Anseilschutz (PSA) vorhanden gewesen sei und es nicht gänzlich an Sicherheitsmaßnahmen gefehlt habe, könne dies nicht genügen. Das Landgericht habe verkannt, dass an der Unfallstelle eine Sicherung durch Anseilschutz nicht möglich gewesen wäre. Nach § 12 BGV C 22 (3) sei Voraussetzung des Anseilschutzes, dass Auffangeinrichtungen unzweckmäßig sind. Zudem müssen für das Anseilen geeignete Anschlageinrichtungen vorhanden sein, die vom Vorgesetzten festlegt werden. Daran fehle es hier. Dies habe der Beklagte zu 1., der erst im Jahr 2010 ein Seminar für Fachkräfte zum Arbeitsschutz besucht hatte, auch gewusst. Hier wären Auffangeinrichtungen weder unzweckmäßig gewesen, noch seien geeignete Anschlagspunkte vom Beklagten zu 1. ausgewählt worden. Nach Aussage der Zeugen hätten diese die Anschlagpunkte vielmehr selbst ausgesucht. Im Übrigen sei der gewählte Balken auch ungeeignet gewesen, da er nur mit 4 cm langen Schrauben befestigt sei und daher keinen ausreichenden Schutz gewährt hätte. In die Lichtplatten seien zudem Löcher geschlagen worden, wodurch scharfe Kanten entstanden sind, an denen das Seil hätte reißen können. Dadurch seien die Platten auch noch unstabiler geworden. Den angebotenen Beweisen zum Nachweis der unzureichenden Sicherung mittels Anseilschutz durch sachverständiges Zeugnis des Dipl Ing. B. sowie Sachverständigengutachten sei vom Landgericht zu Unrecht nicht nachgegangen worden.

Die Platten hätten auch gedreht werden müssen. Das habe die Aussage der Zeugen H. und T. ergeben. Dies hätte dem Beklagten zu 1. bewusst sein müssen. Der vorhandene Anseilschutz wäre zudem nicht geeignet gewesen, den Sturz zu verhindern. Zum einen sei der Balken nicht tragfähig, zum anderen hätte die Anseilvorrichtung nur dann einen Schutz geboten, wenn sie nachgezogen worden wäre. Dass so kein effektives Arbeiten möglich gewesen wäre, liege auf der Hand. Daher sei es nachvollziehbar, dass sich der verunglückte Versicherungsnehmer von seinem Seil befreit habe.

Da die Voraussetzungen für den Anseilschutz nicht vorgelegen hätten, könne dessen Vorhandensein den Arbeitgeber auch nicht entlasten. Die Voraussetzungen für eine subjektiv grobe Fahrlässigkeit seien daher hier gegeben. Auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Frankfurt und Oldenburg sowie der Landgerichte Nürnberg-Fürth und Aachen werde insoweit verwiesen. Beachtlich wäre zudem, dass es bereits früher auf Baustellen der Beklagten zu Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften gekommen sei. Noch am 02.04.2012 habe es eine sofort vollziehbare Anordnung gegeben, auch dort sei in einer Höhe von 7 m an Lichtkuppeln gearbeitet worden, ohne dass ein hinreichender Schutz bestanden habe.

Die behauptete Branchenüblichkeit von fehlenden Auffangeinrichtungen...

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