Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuchberichtigung. DDR-Erbrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Ausschlagung einer Erbschaft unter Anwendung des ZGB.

 

Normenkette

ZGB DDR § 363; ZGB DDR § 402; ZGB DDR § 403

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 22.07.1999; Aktenzeichen 6 O 8785/98)

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 22.07.1999 wird aufrechterhalten.

2. Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 10.000,00 abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Wert der Beschwer des Klägers beträgt DM 250.000.00.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft nach E … M … J … M …, gestorben am 16.07.1977, die Zustimmung der Beklagten zur Berichtigung des Grundbuches des Amtsgerichtes Leipzig von L …, Blatt …, Flurstück …, soweit bezüglich des in Abt. I unter lfd. Nr. 13 eingetragenen Anteils Eigentum des Volkes eingetragen wurde.

Frau E … M … J … M … war bis zu ihrem Tode Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft zu einem Anteil von 1/2, in deren Eigentum das o.g. Grundstück stand.

Das von der Erblasserin am 30.04.1977 errichtete handschriftliche Testament (Bl. 12 der Nachlassakte des Amtsgerichtes Leipzig, Az.: VI 5976/96) wurde am 08.08.1977 beim Staatlichen Notariat Leipzig eröffnet (Bl. 11 der Nachlassakte). Das Testament hat folgenden Inhalt:

„E … M … L …

Leipzig, 30 April 1977

Mein Testament

Für den Fall meines Todes soll mein letzter Wille wie folgt sein:

  1. Zu meinen Erben setze ich mit gleichen Anteilen ein:

    1. meinen Enkelsohn C … M … S …, geb. am 28. Juni 1975, wohnhaft in S …, S …. Während seiner Minderjährigkeit soll seine Rechte hinsichtlich dieses Testamentes wahrnehmen mein Sohn aus erster Ehe: Dr. med. Dr. med. dent. G … S …, geb. am 16.07.1926
    2. den „Thomanerchor” in Leipzig, … str. als Zeichen der Dankbarkeit für die Ausbildung meines Sohnes in Kunst und Wissenschaft.
  2. Als Vermächtnisse sollen erhalten:

    1. mein Ehemann O … M …, geb. 10.06.1890, wohnhaft in L …, K … Str., alle praktischen Sachen und Gegenstände, die er zur Fortsetzung seines Hausstandes zu haben wünscht.
    2. mein Sohn Dr. Dr. med. G … S …, geb. 16.07.1926, wohnhaft in … S …, … alle übrigen beweglichen Sachen und Gegenstände sowie Sparguthaben und alle mir zusteh. Werte und Forderungen, die nicht das Hausgrundstück darstellen. Insbesondere sind damit gemeint alle mir zustehenden Hypotheken, Schmuck, Wertsachen, persönliche Sachen und sonstige Gegenstände.

Diese Vermächtnisse sollen, falls durch Erbausschlagung (1a + 1b) die Erbschaft an meinen Ehemann oder meinen Sohn oder an beide anfällt, als Vorausvermächtnisse gemäß § 381 Abs. 2 ZGB gelten und nicht mit der Erbmasse zusammenfallen.

Ersatzvermächtnisnehmer zu 2.a) ist mein Sohn Dr. Dr. G … S … und Ersatzvermächtnisnehmer zu 2.b) ist mein Enkelsohn C … M … S ….

Frühere letztwillige bestimmungen – das Testament vom 15. Oktober 1975 hebe ich hiermit ausdrücklich auf.

gez. E … M …, geb. S …, … L …,

… Str. „

Mit Verfügung vom gleichen Tag wurden die testamentarischen Erben von dem Erbfall unter Beifügung einer Abschrift des Testamentes informiert. Das Schreiben, mit dem der Thomanerchor L … von dem Erbfall und dem Inhalt des Testamentes in Kenntnis gesetzt wurde, wurde an den Rat der Stadt Leipzig, Abt. Kultur, der Thomanerchor gerichtet. Die Verfügung wurde lt. Abfertigungsvermerk am 25.08.1977 ausgeführt.

Am 24.10.1977 schlugen Frau C … S … und Herr Dr. G … S … die Erbschaft für ihren Sohn C … M … S … beim staatlichen Notariat Erfurt aus. (Bl. 21 der Nachlassakte).

Am 24.11.1977 ging ein Schreiben des Rates der Stadt Leipzig vom 22.11.1977 ein, worin Herr Dr. Gehrke, Stadtrat für Kultur, erklärte, dass er den Erbanteil des Thomanerchores L … ausschlage.

Nachdem Herr O … L … M …, Ehemann der Erblasserin, Herr Dr. G … S …, Herr E … S …, Frau B … H … geb. S …, Herr J … H …, Frau S … H …, Herr Dr. G … S … und Herr T … S … die Erbschaft ausgeschlagen hatten, wurde zugunsten der DDR am 13.11.1980 ein Erbschein erteilt. Im Grundbuch des streitgegenständlichen Grundstückes wurde Eigentum des Volkes, Rechtsträger: VEB Gebäudewirtschaft Leipzig eingetragen.

Mit Verfügung vom 04.11.1996 teilte die zuständige Richterin des Amtsgerichtes Leipzig, Nachlassgericht, dem Bundesvermögensamt mit, dass beabsichtigt sei, den Erbschein als unrichtig einzuziehen, da die Ausschlagung eines testamentarischen Erben verfristet sei. Auf Anfrage des Nachlassgerichtes teilte die Stadt Leipzig am 07.11.1977 dem Amtsgericht Leipzig – Nachlassgericht – mit (Bl. 91 der Nachlassakte), dass der Thomanerchor L … auch heute noch in Rechtsträgerschaft der Stadt Leipzig steht.

Der Antrag der Stadt Leipzig auf Erteilung eines Erbscheines wurde mit Beschluss vom 26.05.1997 (Bl. 103 und 104 der Nachlassakte) zurückgewiesen, weil die Erbschaft für den Thomanerchor wirksam ausgeschlagen worden sei. Die Ausschlagung sei rechtzeitig, da der Rat der Stadt Leipzig nach Akt...

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