Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 7 O 1746/21) |
Tenor
1. Der Kläger ist des eingelegten Rechtsmittels verlustig, soweit er die Berufung mit Schriftsätzen vom 24.08.2023 und 19.10.2023 teilweise zurückgenommen hat.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 25.04.2022 - 7 O 1746/21 - zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil des Landgerichts Dresden vom 25.04.2022 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 23.974,43 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Dieselfahrzeug.
Der Kläger erwarb am 11.07.2016 bei dem Autohaus B. GmbH & Co. KG in C. einen gebrauchten PKW Audi A6 Avant 3,0 TDI Quattro, 2.967 ccm, Leistung 150 kW, zu einem Kaufpreis von 30.990,00 Euro, wobei im Kaufvertrag ein Kilometerstand von 49.323 km angegeben war (Anlagen KA 2 und KA 2a). Herstellerin des Dieselfahrzeugs, das erstmals am 10.05.2012 zugelassen wurde (Anlage KA 1), ist die Beklagte. In der Klageschrift hat der Kläger vorgetragen, in dem Fahrzeug sei ein Motor mit der Typbezeichnung EA897 verbaut, welcher der Euro-Norm-5 unterliege. Die Beklagte hat mitgeteilt, das Fahrzeug sei mit einem VT-DI-Motor des Typs EA896Gen2 (Euro-Norm-5) 3,0-Liter-Monoturbo (150 kW) ausgestattet.
Das streitgegenständliche Fahrzeug wird nicht von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts erfasst. Mit der Behauptung, der PKW Audi A6 Avant sei mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen, nahm der Kläger die beklagte Fahrzeugherstellerin auf schadenersatzrechtliche Erstattung des Kaufpreises in Anspruch. Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung sowie die erstinstanzlich von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Mit dem angegriffenen Urteil vom 25.04.2022 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe aus keinem Rechtsgrund ein Schadenersatzanspruch zu (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 3, § 241 Abs. 2 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, §§ 6, 27 EG-FGV, §§ 826, 31 BGB). Vertragliche und quasivertragliche Ansprüche seien nicht gegeben. Eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheitere bereits an der fehlenden Stoffgleichheit zwischen den klägerseitigen Vermögensnachteilen und etwaigen Vorteilen der Beklagten. Eine Einstandspflicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 EG-FGV scheide aus, weil die genannten Normen kein Schutzgesetz darstellten. Der Kläger habe auch sonst keinen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach §§ 826, 31 BGB ausreichend erheblich dargetan. Die Beklagte habe prozessual zulässig, durchgängig und substantiiert in Abrede gestellt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen sei. Konkrete Indizien für die Richtigkeit der gegenteiligen Behauptungen des Klägers, die sich aus publizierten behördlichen oder anderweitigen Untersuchungen bezüglich des konkreten Fahrzeugs, eigenen Ermittlungen, einem behördlichen Rückruf, Verlautbarungen und/oder Anordnungen des Kraftfahrt-Bundesamts ergeben könnten, habe er nicht in den Rechtsstreit eingeführt. Der Klagevortrag lasse vor allem nicht erkennen, dass das konkret erworbene Fahrzeug überhaupt mit einer abgasoptimierenden Software ausgestattet sei, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Kraftfahrt-Bundesamt Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs nicht nur wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht zurückgerufen, sondern solche ausdrücklich nicht festgestellt habe. Durch die Installation eines Thermofensters sei der Kläger jedenfalls nicht vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden. Auf die Entscheidungsbegründung des landgerichtlichen Urteils, das dem Kläger am 26.04.2022 zugestellt worden ist, wird Bezug genommen.
Der Kläger verfolgte mit seiner am 23.05.2022 eingelegten und nach entsprechender Fristverlängerung am 27.07.2022 begründeten Berufung unter Wiederholung seiner erstinstanzlichen Ausführungen zunächst das Begehren auf Ersatz des sog. großen Schadens weiter.
Das Landgericht übersehe die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Klarstellung, welche Abschalteinrichtungen als unzulässig anzusehen seien und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der sekundären Darlegungslast des Herstellers in Bezug auf den Vorsatz einer sittenwidrigen Schädigung. Es verkenne ferner, dass sich nach einer Leitlinie der Europäischen Kommission die Frage, ob eine Abschalteinrichtung vorhanden sei, insbesondere an erhöhten Messwerten des getesteten Fahrzeugs/Motors außerhalb des NEFZ messen lassen müsse. Nachdem entsprechende Werte ausführlich vorgetragen worden seien, sei die Klagepartei ihrer ...