Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 04 O 2362/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 11.07.2022 - 04 O 2362/21 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 11.07.2022 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 49.275,31 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien streiten um Ersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Dieselfahrzeug.
Der Kläger erwarb aufgrund einer "Verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Fahrzeugs" vom 09.02.2018 bei der B. GmbH in xxx einen PKW VW T6 Multivan 2.0 TDI 4Motion, 150 kW, Hubraum 1.969 ccm, zum Kaufpreis von 60.674,00 Euro. Das Fahrzeug wurde erstmals am 28.12.2017 zugelassen und hatte bei Ankauf eine Laufleistung von 25 km (Verbindliche Bestellung - Anlage K 1). Die Beklagte ist Herstellerin des Fahrzeugs und des darin verbauten Motors EA288, welcher der Euro-Norm 6 unterfällt. In dem Fahrzeug kommt ein SCR-Katalysator zum Einsatz. Mit der Behauptung, der PKW VW T6 sei mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen, nahm der Kläger die beklagte Fahrzeugherstellerin auf schadenersatzrechtliche Erstattung des Kaufpreises in Anspruch. Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung sowie die erstinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 11.07.2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB. Dem Klagevortrag seien keine hinreichend schlüssigen und substantiierten Anhaltspunkte für eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung zu entnehmen. Der Kläger berücksichtige nicht ausreichend, dass das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung zwar einen Mangel begründen könne, aber nicht zwangsläufig zu einer sittenwidrigen Schädigung führe. Ausgehend hiervon könnten anhand der "Entscheidungsvorlage: Applikationsrichtlinien & Freigabevorgaben EA288" keine Rückschlüsse auf eine unzulässige Abschalteinrichtung gezogen werden. Dem Kläger drohten auch keine Nebenbestimmungen des Kraftfahrt-Bundesamts, Wertverluste oder Stilllegungsrisiken. Aus den amtlichen Auskünften des Kraftfahrt-Bundesamts gehe hervor, dass es den Sachverhalt überprüft und bei Fahrzeugen mit EA288-Motoren keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt habe. Aus Rückrufen zu einzelnen Fahrzeugen könnten keine generellen Schlüsse gezogen werden. Auch das Vorhandensein einer temperaturabhängigen Abgasrückführung begründe allein noch keinen Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB. Schließlich sei ein Ersatzanspruch bereits deswegen ausgeschlossen, weil von einer Tatbestandswirkung der Typgenehmigung auszugehen sei. Aus denselben Gründen schieden auch andere deliktische Anspruchsgrundlagen aus. Auf die Entscheidungsbegründung des landgerichtlichen Urteils, das dem Kläger am 20.07.2022 zugestellt worden ist, wird Bezug genommen.
Der Kläger verfolgt mit seiner am 22.08.2022 (Montag) eingelegten und nach entsprechender Fristverlängerung am 18.10.2022 begründeten Berufung seine erstinstanzlichen Zahlungs- und Feststellungsbegehren weiter und rügt eine Verletzung materiellen Rechts.
Das erstinstanzliche Gericht verkenne, dass der Kläger seiner Darlegungslast nachgekommen sei. Er habe nicht nur sämtliche im streitgegenständlichen Fahrzeug implementierten unzulässigen Abschalteinrichtungen benannt, sondern darüber hinaus auch ihre jeweilige Funktionsweise dargelegt. Zudem habe er erstinstanzlich auf Testergebnisse der Deutschen Umwelthilfe (DUH), auf einen verbindlichen Rückruf hinsichtlich des PKW VW T6 mit dem streitgegenständlichen Motor EA288 sowie auf sog. freiwillige Servicemaßnahmen hingewiesen, sodass greifbare Anhaltspunkte für die Existenz unzulässiger Abschalteinrichtungen im streitgegenständlichen Fahrzeug vorgetragen seien. Insbesondere habe der Kläger zum verbauten Motortyp vorgetragen, die Abschalteinrichtung im Allgemeinen definiert, die implementierten Abschalteinrichtungen dargelegt, die technischen Funktionsweisen der jeweiligen Abschalteinrichtung beschrieben, Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe benannt, die Applikationsrichtlinien & Freigabevorgaben EA288 angeführt sowie auf das Gutachten der Kanzlei ... vom 04.10.2015 verwiesen.
Der Kläger behauptet, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei eine Fahrkurvenerkennung verbaut. Ferner finde ein Thermofenster Anwendung, wobei das Temperaturfenster von der Beklagten so konzipiert worden sei, dass ...