Leitsatz (amtlich)
›Die Bezeichnung eines Rechtsanwaltsbüros als "Steuerkanzlei" ist irreführend solange dem betreibenden Rechtsanwalt nicht gestattet ist, die Bezeichnung eines Fachanwalts für Steuerrecht führen zu dürfen.‹
Insoweit ist ein Steuerberater zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs berechtigt.
Verfahrensgang
LG Zwickau (Aktenzeichen 1 HKO 60/94) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Befugnis des Beklagten, sein Rechtsanwaltsbüro als "Steuerkanzlei" bezeichnen zu dürfen.
Der Beklagte betreibt in ... eine Anwaltskanzlei. Neben zwei Mitarbeiterinnen, die die Bearbeitung allgemeiner Mandate von ungefähr 70 Mandanten unterstützen, beschäftigt er eine Steuerberaterin, eine Steuerfachgehilfin und eine angelernte Kraft, die ausschließlich im Bereich von Steuerangelegenheiten eines Mandantenstammes von ungefähr 250 Mandanten tätig werden. Auf seinem Kanzleischild, Briefbögen und Stempeln bezeichnet der Beklagte sein Büro als "Steuerkanzlei"; die Befugnis sich als Fachanwalt für Steuerrecht bezeichnen zu dürfen, ist ihm nicht verliehen.
Die klagende Steuerberaterkammer des Freistaats Sachsen wertet die Bezeichnung "Steuerkanzlei" als irreführende Werbung und begehrt vom Beklagten Unterlassung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "Steuerkanzlei", zu führen.
Zur Begründung seines Antrages,
die Klage abzuweisen,
hat der Beklagte geltend gemacht, mit der Bezeichnung "Steuerkanzlei" keine Werbung zu betreiben. Diese Bezeichnung diene lediglich Informationszwecken und weise auf den Schwerpunkt seiner Tätigkeit hin, den die Fertigung von Steuererklärungen bilde.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Es hat ausgeführt, der Beklagte stehe als Rechtsanwalt in einem Wettbewerbsverhältnis zu anderen Mitgliedern steuerberatender Berufe, innerhalb dessen die Bezeichnung seines Büros als "Steuerkanzlei" irreführende Werbung im Sinne von § 3 UWG bedeute, weil durch diese bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck entstehe, als habe der Beklagte auf dem Gebiet des Steuerrechts die geprüften besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse eines Fachanwaltes für Steuerrecht. Im übrigen wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten, zu deren Begründung er seine Ausführungen aus dem ersten Rechtszug vertiefend wiederholt. Die von ihm insbesondere gegenüber bereits gewonnenen Mandanten benutzte Bezeichnung seines Büros bedeute nicht mehr als die zulässige Angabe des Schwerpunktes seiner Tätigkeit im Bereich der Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie der Abgabe von Steuererklärungen. Einem hinreichend sorgfältigen Beobachter werde durch die von ihm gewählte Bezeichnung ausreichend deutlich, daß nicht streitige Steuerfälle den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildeten, so daß die vom Landgericht angenommene Verwechslungsgefahr nicht bestehe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die vorgelegten Schriftsätze verwiesen. Verwiesen wird darüber hinaus auf die von den Parteien vorgelegten Urkunden und Anlagen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist die klagende Steuerberaterkammer zur Geltendmachung des klaggegenständlichen Unterlassungsanspruches berechtigt. Sämtliche Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften des Freistaats Sachsen sind Mitglieder der Klägerin. Als Körperschaft des öffentlichen Rechtes obliegt ihr nicht nur die Aufsicht über die berufliche Tätigkeit ihrer Kammermitglieder, sondern darüber hinaus fällt ihr die Aufgabe zu, die beruflichen Interessen und Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern (BGH GRUR 1972, 607; 1987, 444, 445; 1987, 834; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., 13 Rdnr. 31; v. Gamm, Gesetz über den unlauteren Wettbewerb, 3. Aufl., § 13 Rdnr. 13). Hierzu gehört die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen irreführender Werbung Dritter, die geeignet ist, die Mitglieder der Klägerin zu beeinträchtigen. Der von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte Verstoß des Beklagten gegen das Verbot irreführender Werbung ist wesentlich, wie noch aufzuzeigen sein wird.
2. Als Rechtsanwalt, der im Bereich des Steuerrechts tätig ist, steht der Beklagte in einem Wettbewerbsverhältnis zu den Mitgliedern der Klägerin. Mit seinem Praxisschild und seinen Geschäftsbögen wendet er sich notwendig an Außenstehende. Seine Ansicht, die Bezeichnung seines Büros als "Steuerkanzlei" gegenüber seinen Mandanten und Behörden bedeute keine Werbung, geht fehl. Auch die bloße Angabe des Schwerpunktes der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ist notwendig Werbung, der angesprochene Verkehrskreis muß und soll aus der Angabe den Schluß auf besondere ber...