Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Instanz durch Urteil unter Mitwirkung eines abgelehnten Richters abgeschlossen, ohne dass zuvor abschließend über das Ablehnungsgesuch entschieden wurde, kann der Ablehnungsgrund als Verfahrensmangel in der Berufungsinstanz inzident überprüft werden.
2. Allein der Umstand, dass dem Ablehnungsgesuch hätte entsprochen werden müssen, gebietet jedoch nicht die Aufhebung und Zurückweisung.
3. Für eine Klage auf Feststellung, dass Mietzahlungen Dritter einer von den Parteien gebildeten Miteigentümergemeinschaft zustehen, besteht kein Feststellungsinteresse.
4. Die Aussetzung eines Rechtsstreits wegen eines anderweit anhängig gemachten Restitutionsverfahrens kommt regelmäßig nicht in Betracht.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 02 O 1799/21) |
Tenor
I. Das Versäumnisurteil vom 02.05.2023 wird aufrechterhalten.
II. Die Klägerin hat die weiteren Kosten der Berufung zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages fortsetzen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 40.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Verwaltung des vormals im jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Hausgrundstücks K... Str. xx in L...
Die Klägerin begehrt noch die Feststellung, dass die Mietzahlungen D.../P... für die Wohnung Spitzboden 2. DG (bis 31.01.2013), N... für die Wohnung 1. DG links, M... für die Wohnung 1. DG Mitte, Dr. K... für die Wohnung 2. OG rechts (bis August 2014) und M... für die Wohnung 2. OG links für deren im Mietshaus K... Str. xx, L... belegenen Wohnungen spätestens seit dem 01.05.2011 der vormals von den Parteien gebildeten Miteigentümergemeinschaft unmittelbar zustehen.
Die Mietverträge dieser Wohnungen wurden von der Beklagten als Vermieterin geschlossen. Mietzahlungen erfolgten spätestens ab Juli 2012 auf ein gemeinsames Hauskonto der Parteien bei der Commerzbank.
Die Klägerin hat behauptet, bereits in der vormaligen, zwischen der Beklagten und ihrem früheren Ehemann Herrn J... Q... bestehenden Miteigentümergemeinschaft Q.../Beklagte sei vereinbart gewesen, dass alle eingehenden Mieten der Miteigentümergemeinschaft zustünden. Die Parteien seien am 29.04.2011 überein gekommen, dass alle Mieter die Mieten zukünftig auf ein gemeinsames Konto der Parteien zu zahlen hätten. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Feststellungsklage sei unzulässig und unbegründet.
Das Landgericht hat der Klage mit Versäumnisurteil vom 14.1.2022 stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat es Termin zur mündlichen Verhandlung mit Verfügung vom 4.2.2022 auf den 08.04.2022, 10.30 Uhr, bestimmt. Mit Schriftsatz vom 23.3.2022 hat die Beklagte wegen Urlaubsabwesenheit ihres PV RA K... um Verlegung des Termins gebeten. Der Verlegungsantrag wurde durch das Landgericht mit dem am 6.4.2022 zugestellten Beschluss vom 5.4.2022 zurückgewiesen. Mit einem am 08.04.2022 um 9.35 Uhr bei Gericht eingegangenem Schriftsatz sowie im Termin lehnte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den erstinstanzlichen Einzelrichter wegen Befangenheit ab. Zudem stellte er den Sachantrag, das VU aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Einzelrichter bestimmte daraufhin einen Verkündungstermin auf den 22.04.2022, wies mit Beschluss von diesem Tage sodann den Befangenheitsantrag als unzulässig zurück und verkündete zugleich ein Urteil, mit dem der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil zurückgewiesen wurde.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung rügt die Beklagte, die Entscheidung des Landgerichts sei sowohl formell als auch materiell-rechtlich fehlerhaft. In formeller Hinsicht sei das Urteil bereits deswegen aufzuheben, weil an der Entscheidung ein mit Erfolg abgelehnter Richter mitgewirkt habe. Die Beklagte habe am 08.04.2022 sowohl im hiesigen Verfahren als auch im Parallelverfahren LG Leipzig, 2 O 3444/18 (4 U 1676/19) beantragt, den Richter am Landgericht Wichelhaus wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. In beiden Verfahren habe dieser durch Beschlüsse vom 22.04.2022 die Anträge als unzulässig verworfen. Auf die daraufhin erhobene Beschwerde der Beklagten habe das OLG durch Beschluss vom 30.06.2022 (2 W 287/22) das Ablehnungsgesuch als begründet angesehen und die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters bestätigt. Darüber hinaus fehle ein Feststellungsinteresse der Klägerin, und sei das Feststellungsbegehren unbestimmt, so dass die Klage unbegründet sei.
Die Klägerin wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 28.01.2022, 22 U 1754/13 zur Rückabwicklung des mit dem vormaligen Miteigentümer und früheren Ehemann der Beklagten J... Q... geschlossenen Grundstückskaufvertrages vom 17.12.2009 rechtskräftig verurteilt. Der Tenor der Entscheidung lautet auszugsweise wie folgt:
"1. Die Beklagte (Anmerk.: vorliegend die Klägerin) wird Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 86.814,71 EUR verurteilt,
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