Leitsatz (amtlich)
Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages gemäß § 543 BGB kann seine Grundlage in jedweder Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag haben.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 05 O 2434/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 27.05.2022 (05 O 2434/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.677,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.04.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 421,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.05.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 82 % und der Beklagte 18 %, von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 87 % und der Beklagte 13 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung auf rückständiger Miete aus einem inzwischen beendeten Mietverhältnis über Gewerberäume auf dem Grundstück H...-Straße 00 in L... in Anspruch, während der Beklagte mit der Widerklage die Erstattung von Ersatzvornahmekosten und die Zahlung von Schadensersatz begehrt.
Die Parteien schlossen am 09.02.2017 einen Mietvertrag (Anlage K 1) über das Ladengeschäft, das Büro, das Lager, die kleine Imbissstube und die überdachte Freifläche auf dem streitgegenständlichen Grundstück zum Betrieb eines Fleischereifachgeschäftes. Der Vertrag wurde für eine Mietzeit von 5 Jahren, beginnend ab dem 01.04.2017 mit Option auf die Verlängerung um weitere 5 Jahre zu einer Gesamtmiete von monatlich 1.865,92 EUR geschlossen, die sich aus der Grundmiete von 1.200,00 EUR, den Vorauszahlungen auf die Betriebskosten von 368,00 EUR und der Umsatzsteuer zusammensetzte.
Der Beklagte nahm die Räume am 31.03.2017 in Besitz und installierte die von ihm für seinen Betrieb benutzten Geräte durch die Fa. .... Er kam zu dem Ergebnis, der Leistungsumfang der im Objekt befindlichen Elektroanlage genüge nicht den Erfordernissen des Betriebs eines Fleischereifachgeschäftes. Er forderte deshalb den Kläger mit dem Schreiben vom 29.05.2017 (Anlage B 1) auf, die Elektroanlage bis zum 12.06.2017 im notwendigen Umfange instandzusetzen. Der Kläger wies diese Forderung mit Anwaltsschreiben vom 08.06.2017 (Anlage B 2) unter Hinweis darauf zurück, die Elektroanlage des Mietobjektes sei nicht mangelbehaftet, so dass dem Beklagten keinerlei Ansprüche auf Durchführung und Vornahme irgendwelcher Arbeiten zur Instandsetzung der Anlage zustünden. Eine weitere Aufforderung durch den Beklagten mit Schreiben vom 16.06.2017 zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes der Mietsache in Bezug auf die Elektroanlage mit Frist bis zum 23.06.2017 wies der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 26.06.2017 zurück.
Der Beklagte ließ im Mai 2018 die aus seiner Sicht erforderlichen Installationsmaßnahmen an der Elektroanlage durch die Fa. Zils Elektroinstallation aus Leipzig durchführen, wofür diese ihm einen Gesamtbetrag i.H.v. 2.606,90 EUR brutto mit ihrer Rechnung vom 09.05.2018 (Anlage B 11) berechnete. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27.06.2018 (Anlage B 3) forderte der Beklagte den Kläger erfolglos auf, diesen Zahlungsbetrag bis zum 13.07.2018 zu erstatten.
Mit der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2017 vom 18.12.2018 (Anlage K 4), die ein Guthaben zugunsten des Beklagten ergab, übersandte der Kläger dem Beklagten den "1. Nachtrag zum Mietvertrag vom 09.02.2017", nach welchem ab dem 01.01.2019 unter Beibehaltung der Höhe der Grundmiete die monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten von 368,00 EUR netto auf 210,00 EUR netto abgesenkt wurde, woraus sich eine monatliche Gesamtmiete von 1.677,90 EUR errechnete. Die Parteien vereinbarten den "1. Nachtrag zum Mietvertrag vom 09.02.2017", unterschrieben aber den schriftlichen Text der Vereinbarung (Anlage K 2) jeweils nicht.
Der Beklagte gewann den Eindruck, dass der Stromverbrauch der Klimaanlage des Tattoo-Studios "G... T..." im Hinterhaus des Gebäudes auf dem streitgegenständlichen Grundstück über den Stromanschluss des Beklagten lief und demzufolge diesem vom Stromversorgungsunternehmen in Rechnung gestellt wurde. Er bat mit den WhatsApp-Nachrichten vom 01.08. und 14.11.2019 (Anlage B 4), welche vom Kläger jeweils nicht beantwortet wurden, um einen Termin zur Klärung der Angelegenheit.
Mit E-Mail vom 28.03.2020 (Anlage B 5) bat der Beklagte den Kläger um Beendigung der Nutzung seines Stromzählers durch das Tattoo-Studi...