Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchberichtigung. Grundbuchrecht
Leitsatz (redaktionell)
Die Vermutungswirkung des § 891 BGB ist geschaffen worden, um den Nachweis zu erleichtern, dass ein Grundstücksrecht einer bestimmten Person zustehe. Damit soll nicht die materielle Rechtslage geändert werden. Eine solche weitgehende Wirkung enthielte eine übermäßige Benachteiligung des wirklichen Rechtsinhabers.
Normenkette
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 1; BGB § 891
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 16.12.1998; Aktenzeichen 15 O 8817/98) |
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts Leipzig, 15. Zivilkammer, vom 16.12.1998, Az: 15 O 8817/98, wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuches des Amtsgerichtes Leipzig von …, Flurstück … (…), Blatt … insoweit zu erteilen, dass nicht die Beklagte, sondern die Kläger Eigentümer dieses Grundstückes sind.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. DM 12.000,00 abzuwenden.
4. Die Beschwer der Beklagten beträgt DM 380.000,00.
Tatbestand
Die Kläger – unbekannte Erben nach … K …, vertreten durch den Nachlasspfleger – verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuches.
Die am 26.11.1967 verstorbene Erblasserin, zuletzt wohnhaft in Leipzig, war Eigentümerin des Grundstückes in …, ….
Die gesetzlichen Erben nach der Erblasserin erster und teilweise auch zweiter Ordnung haben zu Protokoll des Staatlichen Notariats Leipzig die Erbschaft ausgeschlagen, weil der Nachlass überschuldet sei (wegen der Einzelheiten vgl. die Nachlassakte des AG Leipzig, Az: VI 1331/96, dort Bl. 2 f., die der Senat beigezogen hat). Hinsichtlich der zuletzt in der Bundesrepublik wohnhaften Erben zweiter Ordnung P … S …, …, und K … S …, …, hat das Staatliche Notariat keine näheren Ermittlungen angestellt.
Am 07.03.1968 hat das Staatliche Notariat das Aufgebotsverfahren gem. §§ 1964, 1965 BGB eingeleitet, die Aufforderung, Erbrechte anzumelden, im Zentralblatt der DDR veröffentlicht und sodann mit Beschluss vom 13. Mai 1968 festgestellt, dass ein anderer Erbe als die Deutsche Demokratische Republik nicht vorhanden ist.
Mit Beschluss vom 08.02.1996 wurde vom Nachlassgericht Leipzig ein Nachlasspfleger für die unbekannten Erben nach der Erblasserin bestellt mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und Ermittlung der Erben (§ 1960 BGB). Mit Bericht vom 22.04.1996 (als dritter Bericht bezeichnet, in Wirklichkeit zweiter Bericht) teilte der Nachlasspfleger mit, dass er als Erbin M … S … ermittelt habe und legte die Geburtsurkunde in Kopie vor. Mit Beschluss vom 09.05.1996 zog das Nachlassgericht hierauf den Beschluss des Staatlichen Notariats vom 13.05.1968 ein.
Mit Schreiben vom 10.12.1996 teilte der Nachlasspfleger auf die Androhung von Zwangsgeld mit, dass er die Erbenermittlung insgesamt abschließen wolle und von der Beantragung eines Teilerbscheines absehen wolle. Er habe eine Erbenermittlungsgesellschaft beauftragt, die bemüht sei, die noch ausstehenden Personenstandsurkunden beizubringen. Weitere Berichte erstellte der Nachlasspfleger nicht. Nach weiteren vergeblichen Erinnerungen wurde gegen ihn gem. § 33 FGG ein Zwangsgeld i.H.v. DM 2.500,00 festgesetzt. Die Vollstreckung wird zur Zeit betrieben. Eine große Zahl von Nachlasspflegschaften des gleichen Nachlasspflegers läuft ähnlich fest, seit gegen den Nachlasspfleger von der Staatsanwaltschaft Leipzig unter anderem wegen Untreue ermittelt wird.
Mit Klage vom 28.09.1998 – Eingang beim Landgericht Leipzig am 30.09.1998 und zugestellt am 08.10.1998 – haben die Kläger von der Beklagten Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuches insoweit begehrt, dass nicht die Beklagte, sondern die Kläger Eigentümer des Grundstückes sind.
Zur Begründung haben sie vorgetragen, mit Beschluss vom 09.05.1996 sei der Fiskalerbschein eingezogen worden, weil sich Erben gefunden hätten. Sie könnten daher ihren Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen. Sie hätten ihr Eigentum weder durch den Zuordnungsbescheid gem. § 2 I 5 VZOG noch durch die Umwandlungserklärung gem. § 8 VZOG verloren. Die Kläger verweisen hinsichtlich der Problematik des § 8 VZOG auf die Entscheidung des Senats (ZIP 98, S. 350 und BGH ZIP 98, S. 1324).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger in 1. Instanz wird auf den Schriftsatz vom 04.11.1998 (Bl. 44 ff. dA) verwiesen.
Die Kläger haben beantragt,
wie in 2. Instanz erkannt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe gem. § 8 VZOG und aufgrund der Umwandlung vom 10. Dezember 1990 alle in der sog. Notarliste enthaltenen Grundstücke, also auch das streitgegenständliche, erworben. Die Kläger hätten dagegen ihr Eigentum verloren.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens in 1. Instanz wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 28.10.1998 (Bl. 22 f. dA) und vom 20.11.1998 (Bl. ...