Leitsatz (amtlich)
1. Eine Rücktrittsbelehrung, die sich auf der Rückseite des Antragsformulars zwischen einer Vielzahl anderer Informationen befindet, entspricht § 8 Abs. 5 VVG a.F. nicht.
2. Bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung kann der Versicherungsnehmer nach wirksamem Rücktritt vom Vertrag neben den geleisteten Beiträgen die tatsächlichen Nutzungen herausverlangen; eine Beschränkung auf den Rückkaufswert besteht nicht.
Verfahrensgang
LG Dresden (Urteil vom 14.10.2016; Aktenzeichen 8 O 2050/14) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Dresden vom 14.10.2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
1. einen Betrag in Höhe von 17.640,01 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.5.2014;
2. einen weiteren Betrag in Höhe von 2261,49 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie
3. vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.105,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 85 %, der Kläger zu 15 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.474,07 EUR bis zum 20.3.2017, danach auf 19.999,99 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus zwei fondsgebundenen Rentenversicherungen in Anspruch. Die Prämienzahlung für die Versicherung xxx-xxx-xxx nahm der Kläger mit Wirkung ab dem 1.1.2007, die Zahlung zum Vertrag KIN yyy-yyy zum 1.3.2007 auf. Bei Antragstellung zu beiden Verträgen erhielt der Kläger eine Durchschrift seines Antrags, die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformationen für die fondsgebundene Lebensversicherung. Die Parteien streiten u.a. darum, ob die ihm erteilten Informationen vollständig und die Belehrungen auf den Antragsformularen B 2 und B 4 wirksam waren. Beide Versicherungsverträge hat der Kläger zum 1.3.2013 gekündigt, die Beklagte hat daraufhin Rückkaufswerte in Höhe von 24.429,36 und 2.599,76 EUR ausgezahlt. Mit Anwaltsschreiben vom 28.10.2013 hat der Kläger die Anfechtung, den Widerruf sowie vorsorglich Rücktritt/Widerspruch bezüglich beider Versicherungsverträge erklärt. Das LG hat seine auf Rückzahlung gerichtete Klage abgewiesen. Zwar entspreche die Widerspruchsbelehrung nicht den Anforderungen des § 5a VVG a.F., da beide Belehrungen nicht drucktechnisch hervorgehoben worden seien. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Verträge im Antragsmodell zustande gekommen seien, dass die Verbraucherinformationen inhaltlich unvollständig seien, führe nicht zur Anwendung des Policenmodells. Dies betreffe insbesondere den fehlenden Hinweis zu einer Antragsbindungsfrist, der hier aber keine besondere Bedeutung beizumessen sei. Da die Beklagte ihren Sitz im Fürstentum Lichtenstein habe, gehöre sie keiner Sicherungseinrichtung an, müsse hierzu folglich auch keine Angaben machen. Vom Vorwurf, keine ausreichenden Fondsinformationen erhalten zu haben, sei der Kläger abgerückt. Die Rücktrittsbelehrung in beiden Verträgen entspreche jedoch noch § 8 Abs. 5 VVG in der bis zum 1.1.2008 geltenden Fassung. Einer drucktechnischen Hervorhebung bedürfe es nicht, auf der Vorderseite beider Anträge werde hinreichend auf die auf der Rückseite abgedruckte Belehrung hingewiesen. Zur weiteren Sachdarstellung wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen zur Anwendung des Policenmodells sowie zur Unwirksamkeit der Widerspruchs,-/Rücktrittsbelehrung. Entgegen der Auffassung des LG sei eine Information über die Antragsbindungsfrist zwingend erforderlich und führe bei Fehlen zur Anwendbarkeit des § 5a VVG und zur Unwirksamkeit des Policenmodells. Gleiches gelte für den fehlenden Hinweis auf eine Sicherungseinrichtung. Unabhängig hiervon entspreche die Belehrung auch nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 5 VVG a.F. Die Höhe des Ausgleichsanspruches sei unter Bezug auf die Anlagen K 8 und K 9 schlüssig vorgetragen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seinen Anspruch teilweise zurückgenommen und hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1. einen Betrag in Höhe von 17.738,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.5.2014,
2. einen weiteren Betrag in Höhe von 2261,49 EUR nebst Zinsen aus einem Teilbetrag von 3.262,70 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2013, im Übrigen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
3. vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.105,51 EUR n...