Leitsatz (amtlich)
1. Eine Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG, die für den Inhalt der Verbraucherinformationen auf § 10a VAG Anlage D verweist, ist ausreichend.
2. Der Belehrung über eine Bindefrist bedarf es beim Zustandekommen eines Versicherungsvertrages im Policenmodell nicht.
3. Besonders gravierende Umstände, die auch bei einer unwirksamen Belehrung zu einer Verwirkung des Widerspruchsrecht führen können, liegen auch dann vor, wenn die Rechte aus einer Lebensversicherung zunächst zur Kreditsicherung abgetreten werden, nach einer Umfinanzierung aber eine Rückabtretung an den Versicherungsnehmer erfolgt.
Verfahrensgang
LG Dresden (Urteil vom 22.03.2016; Aktenzeichen 8 O 583/15) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LGes Dresden vom 22.03.2016 - 8 O 583/15 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
III. Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 65.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Rückzahlung von Prämien in Höhe von 65.000,00 EUR von der beklagten Versicherung. Er schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten in den Jahren 2006 bis 2008 insgesamt acht fondsgebundene Lebensversicherungen ab, wobei die zwei im Jahr 2008 abgeschlossenen Versicherungen im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständlich sind.
Die Versicherungsscheine enthielten jeweils die folgende Belehrung:
"Der Vertrag gilt auf Grundlage dieses Versicherungsscheins, der darin enthaltenen Versicherungsbedingungen und der ebenfalls für den Vertragsabschluss maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 30 Tagen in Textform widersprechen. Der Lauf dieser 30-tägigen Widerspruchsfrist beginnt, wenn Ihnen die o.g. Unterlagen - einschließlich dieser Belehrung über das Widerspruchsrecht - vollständig vorliegen.
Den Umfang einer vollständigen Information regelt § 10a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) in Verbindung mit der Anlage D zu diesem Gesetz. Wenn Sie die Unterlagen nicht vollständig erhalten haben oder die Belehrung über das Widerspruchsrecht nicht erfolgte, erlischt abweichend von Satz 2 Ihr Recht zum Widerspruch spätestens ein Jahr nach Zahlung des ersten Beitrags. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeige Absendung des Widerspruchs."
In den Folgejahren zahlte der Kläger Prämien i.H.v. 491.272,27 EUR. Er nutzte die Verträge bei einer Immobilienfinanzierung. Im Rahmen einer Umfinanzierung kündigte er sämtliche Verträge im Jahre 2011. Die Beklagte rechnete die Verträge ab und zahlte an den Kläger 363.549,38 EUR aus. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 06.01.2015 erklärte der Kläger den Widerspruch für sämtliche Verträge.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Widersprüche seien nicht verfristet, denn die Widerspruchsbelehrungen genügten nicht den gesetzlichen Anforderungen. Fristbeginn und Fristende seien nicht eindeutig bestimmbar. Insbesondere die Formulierung "spätestens" sei unklar. Schließlich sei die Belehrung zu lang. Der Verweis auf § 10a VAG Anlage D stelle eine Aufforderung zur Recherche dar, die nicht zumutbar sei. Der Hinweis auf die Jahresfrist des § 5a VVG a.F. sei ebenfalls irreführend. Es fehlten sowohl im Antrag als auch im Versicherungsschein Angaben zur Fälligkeit der Leistung. Darüber hinaus fehlten Angaben zur Bindungsfrist des Klägers an seinen Antrag. Neben dem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien habe er Anspruch auf eine durchschnittliche Nettoverzinsung.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Widerspruch sei nicht wirksam, denn die Verträge seien bereits gekündigt worden. Die Belehrungen seien im Übrigen ordnungsgemäß. Insbesondere müssten sie den Text von § 10a VAG Anlage D nicht wiedergeben. Der Gesetzgeber beschränke sich ebenfalls nur auf eine Bezugnahme. Der Hinweis auf die Jahresfrist sei nicht zu beanstanden. Die Angabe der Bindefrist sei nicht erforderlich. Im Übrigen seien die Rechtsfolgen eines Widerspruches nach der aktuellen Rechtslage zu beurteilen. Schließlich sei der Anspruch verjährt, jedenfalls aber verwirkt. Die Beklagte sei um Risikoanteile, Abschluss- und Verwaltungskosten entreichert. Sie habe keine Nutzungen von 4 % erwirtschaftet.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 22.03.2016 - auf das wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird - abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er hat seinen Anspruch im Berufungsverfahren auf die Rückzahlung von Prämien i.H.v. 65.000,00 EUR aus den sechs Verträgen, die in den Jahren 2006 und 2007 abgeschlossen wurden, beschränkt. Er trägt zur Begründung vor, das LG habe nicht beachtet, dass er mehrere Fehler der Belehrung - u.a. auch die fehlende Bezeichnung des Fristendes - gerügt habe....