Verfahrensgang

LG Bautzen (Urteil vom 16.09.1993; Aktenzeichen 3 O 675/93)

 

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Bautzen, 3. Zivilkammer, Az. 3 O 675/93, vom 16. September 1993 wird aufgehoben.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das in … gelegene und mit eine Wohnhaus bebaute Grundstück, verzeichnet im Grundbuch von … (Amtsgericht Hoyerswerda) Bl. … bestehend aus den Flurstücken Nr. 662/1 und 662/2 mit einer Gesamtfläche von 4.190 m zu räumen und im geräumten Zustand an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger DM 3.000,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Dezember 1992 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 212.000,00 abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Beschwer der Beklagten beträgt je DM 203.000,00.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger rechtswirksam aufgrund Verfügung zu Lebzeiten Eigentümer eines Grundstücks in … geworden ist oder ob der Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums aufgrund Verfügung von Todes wegen hat.

Folgende Vorgänge und Daten sind dabei für die Beurteilung des Falles von entscheidender Bedeutung:

15.08.1978

Gemeinschaftliches notarielles Testament der Eheleute D. („Berliner Testament”), Großeltern des Klägers, Eltern des Beklagten zu 1), gegenseitige Erbeinsetzung Schlußerbe: Beklagter zu 1).

17.04.1990

„Mein letzter Wille” Testament Wally D. zugunsten des Klägers.

17.09.1990

Notarieller Grundstücksüberiassungsvertrag Wally D. zugunsten des Klägers. Antrag auf Eigentumsübertragung an das Grundbuchamt.

08.11.1990

Eigentumseintragung des Klägers im Grundbuch

08.11.1990

21.15 Uhr Tod Wally D.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Mit Urteil vom 16. September 1993 hat das Landgericht Bautzen die Klage abgewiesen und der Widerklage des Beklagten zu 1) stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte zu 1) habe einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück, weil die Erblasserin zum einen nicht berechtigt gewesen sei, eine dem gemeinschaftlichen Testament vom 15.08.1978 widersprechende letztwillige Verfügung zu treffen, das Testament sei nichtig. Der Beklagte zu 1) habe daher entweder einen Schadensersatzanspruch aus Vermögensübernahme oder aus Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung analog § 2287 Abs. 1 BGB. Gegen dieses ihm am 13.10.1993 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 11.11.1993 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 13.12.1993 (Montag) eingegangenem Schriftsatz begründet. Er führt aus, daß sich der Eigentumserwerb gemäß Art. 233 § 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach dem Recht der DDR beurteile. Der Grundstücksüberlassungsvertrag vom 17.09.1990 verstoße entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht gegen die Vorschrift des ZGB, im Gegenteil sei die Erblasserin nach der eindeutigen Vorschrift des § 390 Abs. 2 Satz 1 ZGB zu Verfügungen zu Lebzeiten berechtigt. Gerade der Umstand, daß die Erblasserin das gemeinschaftliche Testament auch gemäß § 392 Abs. 4 ZGB widerrufen oder gemäß § 393 ZGB hätte aufheben können, zeige, daß die Erblasserin nach dem ZGB weitergehend freigestellt gewesen sei.

Auch eine analoge Anwendung des § 2287 BGB komme nicht in Betracht. Im übrigen habe bei der Erblasserin auch das nach der neueren Rechtsprechung des BGH geforderte „lebzeitige Eigeninteresse” an einer Grundstücksüberlassung vorgelegen, da sie nach Auseinandersetzungen mit den Beklagten zu 1) und 2) von der Familie ihrer Tochter, der Mutter des Klägers, versorgt worden sei.

Der Kläger beantragt unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, das in … gelegene und mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück, verzeichnet im Grundbuch von … (Amtsgericht Hoyerswerda) Bl. … bestehend aus den Flurstücken Nr. 662/1 und 662/2 mit einer Gesamtfläche von 4.190 m zu räumen und im geräumten Zustand an den Kläger herauszugeben,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger DM 3000,00 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil.

Im übrigen wiederholen sie ihre Bedenken in Bezug auf einen formwirksamen Eigentumserwerb, weil die Erblasserin mit dem Grundstücksüberlassungsvertrag erbrechtliche Vorschriften habe umgehen wollen. Die Erblasserin hätte den Weg des § 393 ZGB wählen müssen. Die Anwendung des in der Rechtsprechung des BGH zu § 2287 BGB entwickelten Grundsatzes des „lebzeitigen Eigeninteresses” spreche eher zugunsten des Beklagten zu 1), der das Haus auf dem streitgegenständlichen Grundstück maßgeblic...

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