Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines Testaments, in dem der Erblasser bestimmt, dass zunächst seine Mutter, sodann sein Vater erben und für den Fall, dass "keiner von uns überleben" sollte, das gesamte Vermögen einem wohltätigen Zweck ("Kinderkrebshilfe, Kinder in Not, Kranke ín Not, Tierschutz etc.") zugeführt werden soll und "die gesamte Verwandtschaft nichts erbt", als Beschwerung des einrückenden Erben (hier: des Fiskus) mit einer Zweckauflage.
Normenkette
BGB §§ 133, 1936 S. 1, §§ 1938, 1940, 2084, 2193 Abs. 1, § 2247
Verfahrensgang
AG Duisburg-Ruhrort (Beschluss vom 22.01.2013; Aktenzeichen 130 VI 130/12) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird geändert. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. vom 14.6.2012 (UR-Nr. 796/2012 des Notars Dr. K. in Bonn) wird zurückgewiesen.
Geschäftswert: 500.000 EUR.
Gründe
I. Die Erblasserin war ledig und kinderlos. Ihre Eltern waren 1958 (Vater) und 2003 (Mutter) vorverstorben; vorverstorben, im Jahre 2005, war desgleichen der zweite Ehemann ihrer Mutter.
Die Erblasserin hinterließ ein mit "Testament" überschriebenes, handschriftlich geschriebenes und mit Vor- und Zunamen unterzeichnetes Schriftstück vom 8.3.1999, in dem es hieß:
"Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, setze ich,..., meine Mutter ... zu meiner alleinigen Erbin ein ... Meine Mutter erbt. sämtl. Barvermögen, Sparbücher, Schmuck, Wohnungsinventar, Kleidung, Auto sowie das Haus u. sonstigen vorhandenen Besitz. Außerdem wünsche ich, dass keiner von meiner Verwandtschaft etwas erbt. Dies ist mein ausdrücklicher Wille.
1.) Sollte meiner Mutter nach meinem Tod etwas passieren, so dass, z.B. ein Pflegefall eintritt ...
2.) Sollte mein Vater als letzter überleben, wird er das gesamte Vermögen erben. Falls ein Pflegefall eintritt, sollte w. o. erfolgen (keine Verwandtschaft erbt).
3.) Sollte keiner von uns überleben, überschreibe/verfüge ich, U. A. H., dass das gesamte Vermögen, Besitz, Kapital (s.o.) alles einem wohltätigen Zweck zugeführt wird. Diese Organisation verpflichtet sich, das Grab(er) in gutem Zustand z. erhalten.
4.) Organisationen (Kinderkrebshilfe, Kinder in Not, Kranke in Not, Tierschutz etc.)
Ich wiederholte hiermit nochmals, dass es mein ausdrücklicher Wille ist, dass die gesamte Verwandtschaft nichts erbt."
Mit notariell beurkundetem Erbscheinsantrag vom 14.6.2012 hat die Beteiligte zu 1. auf Erteilung eines sie als Alleinerbin nach der Erblasserin ausweisenden Erbscheins angetragen. Diesem Erbscheinsantrag ist der Beteiligte zu 2. entgegengetreten. Durch die angefochtene Entscheidung hat das Nachlassgericht die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 1. beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und unter Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit des Beschlusses die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft seiner Feststellung zurückgestellt.
Gegen diesen ihm am 2.2.2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seinem am 28.2.2013 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, mit dem er die Auffassung vertritt, die vier in Ziff. 4) des Testaments genannten "Organisationen" seien zu gleichen Teilen als Miterben berufen.
Durch weiteren Beschluss vom 22.4.2013 hat das Nachlassgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligte zu 1. tritt dem Standpunkt des Beteiligten zu 2. entgegen und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte und der Testamentsakte 130 IV 134/12 AG Duisburg-Ruhrort Bezug genommen.
II. Das gem. §§ 58 Abs. 1 i.V.m. 352 Abs. 1 Satz 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. ist nach der vom Nachlassgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, Halbs. 2 FamFG. Es hat auch in der Sache Erfolg. Dem Standpunkt des AG, die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 8.3.1999 enthalte eine Erbeinsetzung auch für den Fall des Vorversterbens von Mutter und Vater, vermag der Senat sich nicht anzuschließen.
Das Schriftstück vom 8.3.1999 stellt ein nach § 2247 BGB formwirksam errichtetes eigenhändiges Testament dar, ist jedoch zumindest in den hier maßgeblichen Passagen zu den Ziff. 3.) und 4.), was keiner näheren Begründung bedarf und von den Beteiligten zu 1. und 2. nicht anders gesehen wird, auslegungsbedürftig. Dabei steht für die Auslegung allein der Text des Testaments zur Verfügung; nur auf diesen nehmen auch die Beteiligten zu 1. und 2. Bezug.
Mit ihrer letztwilligen Verfügung zu Ziff. 3.) und 4.) könnte die Erblasserin einerseits eine Erbeinsetzung zugunsten einer oder mehrerer der dort genannten "Organisationen" gemeint haben. Auf der anderen Seite könnte jedoch hierin auch der Wille zum Ausdruck gekommen sein, denjenigen, der unter Berücksichtigung sämtlicher im Testament getroffenen Anordnungen im Falle des Vorversterbens von Mutter und ...