Leitsatz (amtlich)
1. Den Antrag des Erwerbers auf Eigentumsumschreibung hat das Grundbuchamt abzulehnen, wenn unstreitige und feststehende Tatsachen den evidenten Missbrauch der Vollmacht des General- und Betreuungsbevollmächtigten des Grundstückseigentümers belegen (hier: Erklärung der Auflassung des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes und Bewilligung der Eintragung des Eigentumswechsels ersichtlich entgegen der im Innenverhältnis gemachten Vorgabe nicht zum Wohle des betreuten Eigentümers: Preisvereinbarung mit erwerbendem Sohn und Schwiegertochter des Bevollmächtigten erheblich unterhalb des tatsächlichen Grundstückswertes; Veräußerung zeitnah zu einer Erkrankung des Betreuten, ohne eine mögliche Verbesserung des Gesundheitszustandes in Betracht zu ziehen.).
2. Der General- und Betreuungsbevollmächtigte des Grundstückseigentümers ist durch die Zurückweisung seines Antrages auf Umschreibung des Eigentums auf einen Dritten (hier: seinen Sohn und seine Schwiegertochter), den er gestützt auf die ihm erteilte notarielle Vollmacht als Vertreter des Eigentümers gestellt hat, nicht nachteilig in seinen Rechten betroffen und daher nicht beschwerdeberechtigt.
Normenkette
BeurkG § 51 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 925, 1901; FamFG § 59 Abs. 1; GBO §§ 19-20, 29, 71 ff.
Verfahrensgang
AG Moers (Aktenzeichen VL-1709-14) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Grundbuchamts vom 11. März 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 gegen den Beschluss des Grundbuchamts vom 11. März 2020 wird zurückgewiesen.
Geschäftswert: 373.000,- EUR
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes. Mit notarieller Urkunde vom 28. März 2019 veräußerte der Beteiligte zu 2, der Schwager des Beteiligten zu 1, den Grundbesitz an die Beteiligten zu 3 und 4, seinen Sohn und seine Schwiegertochter, und stützte sich dazu auf eine ihm vom Beteiligten zu 1 mit notarieller Urkunde vom 17. Januar 2006 erteilte General- und Betreuungsvollmacht. Unter Ziffer 6 der Urkunde ist folgendes für den Gebrauch der Vollmacht vorgegeben:
"Im Innenverhältnis d.h. ohne Einschränkung der Vertretungsmacht nach außen, gilt folgendes: Die (...) Bevollmächtigten werden angewiesen, von der Vollmacht erst dann Gebrauch zu machen, wenn ich durch Krankheit, Unfall oder Alter an der Besorgung meiner Angelegenheiten gehindert bin. Die (...) Bevollmächtigten haben bei Wahrnehmung meiner Angelegenheiten die selben Pflichten wie ein Betreuer nach § 1901 BGB. Im übrigen gilt Auftragsrecht."
Unter Ziffern XII. 1. und 2. des Grundstücksveräußerungsvertrages erklärten die Vertragsparteien, sich über den Eigentumsübergang einig zu sein, und bewilligten die Eintragung einer auflösend bedingten Vormerkung sowie den Eigentumswechsel im Grundbuch. Auf notariellen Antrag vom 3. April 2019 wurde am 8. April 2019 die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2019 teilte der Beteiligte zu 1 dem Grundbuchamt mit, er habe den Grundstückskaufvertrag gegenüber dem beurkundenden Notar nicht genehmigen wollen; der Beteiligte zu 2 habe gegen seinen Willen gehandelt. Er habe die dem Beteiligten zu 2 erteilte Vollmacht mit Schreiben vom selben Tage widerrufen. Der Beteiligte zu 1 bat, keine Eintragungen im Grundbuch mehr vorzunehmen.
Wegen des Verkaufs des Grundstücks und der Äußerungen des Beteiligten zu 1, mit diesem Geschäft nicht einverstanden zu sein, regte ein mit dem Beteiligten zu 1 bekannter Notar a.D. Anfang Juni 2019 die Einleitung eines Verfahrens über die Einrichtung einer Betreuung für den Beteiligte zu 1 an. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ordnete das Amtsgericht Moers mit Beschluss vom 10. September 2019 (200 XVII 282/19) eine Betreuung an und bestellte den im Rubrum dieses Beschlusses genannten Betreuer für die Aufgabenkreise der Regelung von Angelegenheiten betreffend den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz, den Widerruf von Vollmachten, die Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Bevollmächtigten sowie die Kontrolle des Bevollmächtigten.
Mit Schrift ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 6. August 2019 beantragten die Beteiligten zu 2 bis 4 die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch sowie die Löschung der Auflassungsvormerkung. Der Widerruf der Vollmacht vom 14. Juni 2019 stehe dem nicht entgegen, denn mit Eingang der Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde beim Grundbuchamt seien die Auflassung sowie die Bewilligung der Eigentumsumschreibung bindend geworden.
Mit Zwischenverfügung vom 27. August 2019 hat das Grundbuchamt auf von ihm gesehene Zweifel an der Wirksamkeit der Auflassungserklärung hingewiesen und um Antragsrücknahme gebeten. Diese Zwischenverfügung hat der Senat auf die von den Beteiligten zu 2 bis 4 eingelegte Beschwerde hin mit Beschluss vom 26. Februar 2020 (I-3 Wx 199/19) aus formellen Gründen aufgehoben.
Daraufhin haben die Beteiligten zu 2 bis 4 das Grundbuchamt mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 2. März...