Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist beim Tatvorwurf des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Cannabiseinfluss (§ 24a Abs. 2 StVG) unwirksam, wenn in dem Bußgeldbescheid die im Blut des Betroffenen nachgewiesene THC-Konzentration nicht mitgeteilt wird.
2. Gehen der Betroffene und die Bußgeldbehörde irrtümlich davon aus, dass die Entscheidung über das in dem Bußgeldbescheid verhängte Fahrverbot rechtskräftig geworden ist, und wird der Führerschein (hier: Mofa-Prüfbescheinigung) daraufhin in amtliche Verwahrung genommen, kommt eine Anrechnung der Verwahrungsdauer auf das Fahrverbot in Betracht. Die Entscheidung über die Anrechnung kann im Vollstreckungsverfahren getroffen werden, wenn die tatrichterlichen Feststellungen eine eigene Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht ermöglichen.
Normenkette
OWiG § 67 Abs. 2; StVG § 24a Abs. 2, § 25 Abs. 6
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs (hier: Mofa) unter Wirkung eines berauschenden Mittels (Cannabis) eine Geldbuße von 200 Euro festgesetzt und ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet. Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich der Betroffene allein gegen das verhängte Fahrverbot. Er macht geltend, dass die Anordnung des Fahrverbots "rechtsunwirksam" sei, weil er den Bußgeldbescheid nur beschränkt auf die dort festgesetzte Geldbuße von 500 Euro angefochten habe. Das einmonatige Fahrverbot, das die Bußgeldbehörde angeordnet habe, sei rechtskräftig und bereits durch amtliche Verwahrung der Mofa-Prüfbescheinigung erledigt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 u. 3 StPO).
Gegenstand der Prüfung ist der Rechtsfolgenausspruch insgesamt, da die Rechtsbeschwerde wegen der Wechselwirkung von Geldbuße und Fahrverbot nicht wirksam auf die Anordnung des Fahrverbots beschränkt werden konnte (vgl. OLG Rostock NZV 2002, 137; OLG Hamm NZV 2002, 142; Göhler-Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rdn. 9 m.w.N.).
Der Erörterung bedürfen lediglich die Anordnung des Fahrverbots und die von dem Betroffenen geltend gemachte Anrechnung.
1.
Die Entscheidung über das in dem Bußgeldbescheid angeordnete Fahrverbot ist nicht rechtskräftig geworden. Denn die Beschränkung des Einspruchs auf die dort festgesetzte Geldbuße von 500 Euro ist nicht wirksam erfolgt.
Zwar ist eine solche Beschränkung des Einspruchs nach § 67 Abs. 2 OWiG grundsätzlich zulässig. Die Wechselwirkung von Geldbuße und Fahrverbot steht bei dieser Konstellation - anders als im umgekehrten Fall bei der Beschränkung auf die Anordnung des Fahrverbots - nicht entgegen, da die angestrebte Herabsetzung der Geldbuße keinen Grund darstellen kann, ein daneben angeordnetes Fahrverbot zu verlängern, zu verkürzen oder wegfallen zu lassen (vgl. OLG Hamm DAR 2012, 218). Vorliegend stellt indes der Bußgeldbescheid keine hinreichende Grundlage für den Rechtsfolgenausspruch dar, weil die Tat bei der dortigen Sachverhaltsdarstellung nicht hinreichend konkretisiert worden ist.
Nach § 24a Abs. 2 Satz 1 StVG handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Gemäß § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG liegt eine solche Wirkung vor, wenn die Substanz im Blut nachgewiesen wird. Hierbei ist der Nachweis der betreffenden Substanz in einer Konzentration erforderlich, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt und damit die in § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG aufgestellte gesetzliche Vermutung rechtfertigt (vgl. BVerfG NJW 2005, 349). Das ist dann der Fall, wenn der von der Grenzwertkommission empfohlene analytische Grenzwert erreicht ist, der für THC (Cannabis) derzeit bei 1 ng/ml liegt (vgl. OLG Karlsruhe NZV 2007, 248; OLG Schleswig NStZ 2007, 183; OLG Saarbrücken NJW 2007, 309).
Der Bußgeldbescheid enthält keine Angaben dazu, welche konkrete THC-Konzentration im Blut des Betroffenen nachgewiesen wurde. Dort wird lediglich das berauschende Mittel (Cannabis) als solches angeführt. Dem Bußgeldbescheid lässt sich daher nicht entnehmen, ob überhaupt von einer beeinträchtigenden Wirkung der im Blut des Betroffenen nachgewiesenen Substanz auf dessen Fahrtüchtigkeit ausgegangen werden kann, wie es der Tatbestand des § 24a Abs. 2 StVG in verfassungskonformer Auslegung voraussetzt. Die somit unzureichende Sachverhaltsdarstellung stellt keine hinreichende Grundlage für die Bemessung der Rechtsfolgen dar, so dass die Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe der in dem Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße nicht wirksam war (vgl. OLG Hamm NZV 2010, 270; a.A. König DAR 2015, 363, 374).
Zutreffend ist der Hinweis des Verteidigers, dass durch den aufgezeigten Darstellun...