Leitsatz (amtlich)
Zur - hier vom Senat versagten - Einrichtung einer Nachlasspflegschaft für unbekannte Erben bei einer Erbengemeinschaft, die ursprünglich aus bekannten Erben bestand, von denen einige inzwischen ihrerseits verstorben und von weiteren, zum Teil unbekannten, Personen (sog. Erbeserben) beerbt worden sind.
Normenkette
BGB §§ 1960-1961, 2042
Verfahrensgang
AG Neuss (Aktenzeichen 133 VI 143/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Wert: bis 5.000,00 EUR
Gründe
I. Die vor Jahren verstorbene Erblasserin ist in Erbengemeinschaft mit den beiden Beteiligen und zwei weiteren Miterben als Eigentümerin des Grundstücks ... in Dormagen eingetragen, wo sie zur Zeit ihres Todes gelebt hatte.
Sie ist nach dem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Neuss vom 28. Juni 2001 beerbt worden von ihren acht (sechs davon sind nachverstorben) Geschwistern zu je 1/10 Anteil, einer Nichte zu 1/10 Anteil, zwei weiteren Nichten und zwei weiteren Neffen zu je 1/40 Anteil.
Einige (Erbes-)Erben der bereits nachverstorbenen Erben der Erblasserin sind unbekannt.
Verschiedene Anträge der Beteiligten auf Anordnung einer Nachlasspflegschaft wurden nicht weiter verfolgt bzw. waren bislang erfolglos, ebenso ein Antrag auf Teilungsversteigerung des Grundstücks.
Am 30. Dez. 2019 haben die Beteiligten erneut die Anordnung einer Nachlasspfleg-schaft bezogen auf den Nachlass der Erblasserin beantragt, hilfsweise die Anordnung der Nachlasspflegschaft zu einzelnen Vorgängen, weiter hilfsweise die Anordnung von Abwesenheitspflegschaften.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Nachlassgericht den Antrag auf Anordnung einer Nachlasspflegschaft nach der Erblasserin zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 1960 BGB lägen nicht vor. Es genüge nicht, dass einige der im Erbschein genannten Miterben mittlerweile nachverstorben seien und die Erbfolge nach diesen Miterben nicht oder nicht vollständig geklärt sei. Auch eine u.U. unvollständige Erbengemeinschaft könne Sorge dafür tragen, dass der Grundbesitz verwaltet oder gesichert werde, § 2038 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB. Seien Erben nicht eindeutig zu ermitteln, müsse eine Abwesenheitspflegschaft beim Betreuungsgericht beantragt werden. Nachlasspflegschaft sei zu verstehen als Personenpflegschaft für den unbekannten Erben, nicht als Vermögenspflegschaft für das Sondervermögen Nachlass.
Mit ihrer Beschwerde machen die Beteiligten geltend, sie könnten trotz aller Bemühungen die Erbfolge in den weiteren Generationen nicht darstellen oder belegen. Die letzte in Frage kommende Generation wisse nicht einmal, dass sie möglicherweise an einer oder mehreren Erbengemeinschaften beteiligt seien. Damit scheide auch eine Annahme der Erbschaften aus. Wenigstens für das "zum Nachlass gehörende Grundstück" müsse Nachlasspflegschaft angeordnet werden. Es sei inzwischen völlig verwahrlost.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 21. Aug. 2020 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beteiligten haben erneut daraufhin gewiesen, dass sie sich seit Jahren vergeblich um eine Lösung der Problematik bemühen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist bei dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 63 FamFG.
Sie ist sowohl gem. §§ 58 Abs. 1, 342 Abs. 1 Nr. 2 FamFG statthaft, als auch form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beteiligten sind beschwerdeberechtigt.
Das hier in Rede stehende Grundstück steht im Eigentum einer Erbengemeinschaft, der die Beteiligten ebenso wie die Erblasserin angehör(t)en. Als Mitgliedern dieser Erbengemeinschaft stehen ihnen gegen die Erben(-gemeinschaft) nach der Erblasserin Ansprüche zu und auch ein Antrag auf Teilungsversteigerung kommt insoweit in Betracht. Daher steht nicht nur eine Anregung auf Anordnung einer Nachlasspflegschaft gem. § 1960 BGB in Rede, sondern gleichermaßen ein Antrag auf Anordnung der Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB (Heinemann, in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, § 1961 BGB, Rdnr. 6; OLG Braunschweig, ZEV 2020, 34). Dann ergibt sich die Beschwerdeberechtigung aus § 59 Abs. 2 FamFG iVm § 1961 BGB (Heinemann, a.a.O., § 1960, 224; OLG Braunschweig, a.a.O.).
In der Sache allerdings hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Die Beteiligten verfolgen hier zwar einen Anspruch gem. § 1961 BGB. Denn sie sind - mit anderen - Mitglied einer (übergeordneten) Erbengemeinschaft, der auch die Erblasserin zu ihren Lebzeiten angehört hat. Der hier in Betracht kommende Auseinandersetzungsanspruch der Beteiligten bezieht sich auf diese übergeordnete Erbengemeinschaft und richtete sich ursprünglich gegen die Erblasserin. Nach ihrem Tod richtet er sich nun gegen ihren Nachlass. Grundsätzlich kommt daher die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft insoweit in Betracht. Beabsichtigt in dieser Konstellation ein Mitglied der ursprünglichen (übergeordneten) Erbengemeinschaft, seinen Auseinandersetzungsanspruch nach § 2042 BGB gerichtlich g...