Leitsatz (amtlich)
1. Erhebt der Insolvenzverwalter unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung eine Zahlungsklage auf Rückgewähr von Steuerzahlungen gegen "das Finanzamt", das als Behörde nur kraft besonderer gesetzlicher Bestimmungen - etwa im finanzgerichtlichen Verfahren gem. § 63 Abs. 1 FGO - Partei und insoweit auch parteifähig ist, ist eine Berichtigung der Parteibezeichnung noch in der Berufungsinstanz möglich, wenn nach den Umständen erkennbar das Land als der wahre Rechtsträger des insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruches verklagt sein sollte.
2. Der Insolvenzverwalter hat die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die für alle Anfechtungstatbestände erforderliche Gläubigerbenachteiligung ergeben soll. Dazu gehört, dass der Anfechtungsgegenstand ohne die Rechtshandlung gerade zum haftenden Vermögen des Insolvenzschuldners gehört, also dem Zugriff der Insolvenzgläubiger offen gestanden hätte.
3. Der Vortrag, dass die geleisteten Zahlungen letztendlich "sämtlichst" aus dem Vermögen des Schuldners stammten, stellt keinen ausreichenden, dem Zeugenbeweis zugänglichen Tatsachenvortrag dar, wenn die Frage, ob die anderen Gläubiger benachteiligt wurden, davon abhängt, wie die angefochtenen Zahlungen erfolgt sind.
4. Im Prozesskostenhilfeverfahren ist eine Beweisantizipation nur in eng begrenztem Rahmen zulässig. Geht der klagende Insolvenzverwalter selbst davon aus, dass eine Aufklärung über den Zahlungsweg durch den von ihm benannten Zeugen nicht wird erfolgen können, kann dies bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung zusätzlich berücksichtigt werden.
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 2; ZPO §§ 50, 114, 286, 373
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 13 O 310/21) |
Tenor
Der Antrag des Klägers vom 09.09.2022 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung gegen das Urteil der 13. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf vom 17.08.2022 (13 O 310/21) wird zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 10.994,79 EUR.
Gründe
1. Die mit Schriftsatz vom 17.10.2022 begehrte Umstellung der Klage stellt eine - auch noch in der Berufungsinstanz zulässige (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1980 - VII ZR 208/79, BeckRS 9998, 103572; Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl. 2022, Rn. 7 vor §§ 50 - 58) - Berichtigung der Parteibezeichnung dar.
Die Bezeichnung der Partei allein ist für die Parteistellung nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, a.a.O.; Beschl. v. 15.05.2006 - II ZB 5/05, juris Rn. 11). Als Auslegungsmittel können die Klagebegründung und etwa dieser beigefügte weitere Schriftstücke, auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden. Selbst eine - vermeintlich - eindeutige Parteibezeichnung ist der Auslegung zugänglich (OLG Brandenburg, Urt. v. 05.12.2007 - 7 U 102/07, juris Rn. 18 mwN). Danach ist festzustellen, dass in diesem Prozess von Beginn an das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt ..., dieses vertreten durch den Vorsteher (vgl. Ziff. 1.1 u. 1.7 VertretungsO FM NRW i.V.m. § 17 Abs. 2 FVG), verklagt war. Anspruchsgegner der im Streitfall auf eine Insolvenzanfechtung vereinnahmter Steuerforderungen gestützten Zahlungsklage konnte von vornherein nur das beklagte Land und nicht das Finanzamt ... sein, das als Behörde nur kraft besonderer gesetzlicher Bestimmungen (etwa im finanzgerichtlichen Verfahren gem. § 63 Abs. 1 FGO) Partei und insoweit auch parteifähig ist (vgl. Zöller/Althammer, a.a.O., § 50 Rn. 25). Ähnlich wie bei unternehmens(-betriebs-)bezogenem Handeln ist in solchen Fällen stets der erkennbar hinter der Falschbezeichnung stehende wahre Rechtsträger als die wirkliche/richtige Partei anzusehen (OLG Brandenburg, a.a.O.). Unter Berücksichtigung der Klagebegründung und den Ausführungen im Schriftsatz vom 17.10.2022 ergibt sich zwanglos, dass tatsächlich das beklagte Land als der wahre Rechtsträger des begehrten insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruches verklagt sein sollte. Das Rubrum ist daher entsprechend zu berichtigen.
2. In der Sache kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keinen Erfolg verspricht. Auch in den Fällen des § 116 Abs. 1 S. 1 ZPO ist zu prüfen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig ist (§ 116 S. 2 i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1, letzter Halbs. ZPO) (Zöller/Schultzky, a.a.O., § 116 Rn. 26; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 116 Rn. 19). Das ist hier nicht der Fall, weil der Kläger die Voraussetzungen für eine - nach seinem Vortrag hier allein in Betracht kommende - Anfechtung der streitgegenständlichen Zahlungen nach den §§ 131 Abs. 1 Nr. 2, ...