Leitsatz (amtlich)
§ 119 Abs. 1 Nr. 1c GVG findet in Nachlasssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Anwendung; Beschwerdegericht ist hier auch in den von jener Vorschrift erfassten Fällen das LG.
Normenkette
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1c
Verfahrensgang
AG Langenfeld (Aktenzeichen 47-VI 38/05) |
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 25 T 320/07) |
Tenor
Die Übernahme der Sache wird abgelehnt.
Gründe
Mit Beschluss vom 3.7.2007 hat das LG Düsseldorf - 25. Zivilkammer - erklärt, es sei für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des AG vom 8.2.2007 funktionell unzuständig und verweise daher dieses Verfahren an das gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1c) GVG zuständige OLG Düsseldorf, da das AG in den Entscheidungsgründen ausdrücklich festgestellt habe, dass ausländisches Recht anzuwenden sei.
Nach Ansicht des Senats ist das hier in Rede stehende Erstbeschwerdeverfahren vor dem LG (Düsseldorf) durchzuführen und ist dort über die Beschwerden der Beteiligten zu entscheiden. Erst gegen diese Entscheidung ist die weitere Beschwerde zum Senat eröffnet.
1. Der Senat ist an die im landgerichtlichen Beschluss vom 3.7.2007 ausgesprochene "Verweisung" nicht gebunden.
Wie auch vom LG zutreffend hervorgehoben, geht es im vorliegenden Fall um die funktionelle Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerden der Beteiligten. In Fragen der funktionellen Zuständigkeit sind weder § 281 ZPO noch § 17 Abs. 2 GVG - entsprechend - anwendbar (BGH NJW 2003, 2686/2687; BGH NZM 2006, S. 695/696; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 119 GVG Rz. 13). Eine andere Grundlage für einen den Senat bindenden Verweisungsausspruch des LG ist nicht ersichtlich.
Vielmehr handelt es sich der Sache nach um eine bloße Abgabe des LG an das OLG, dies zumal nicht die Beteiligten ihre Beschwerden an das LG gerichtet haben, sondern diesem die Sache nur infolge des Ausspruchs des AG in seinem Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss vom 21.5.2007 vorgelegt worden ist.
2. § 119 Abs. 1 Nr. 1c) GVG ist auf das hier gegebene Nachlassverfahren nicht anwendbar.
a) Dieses Ergebnis legt bereits der Wortlaut der Vorschrift, die sich auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten bezieht, nahe. Üblicherweise werden hiervon jedenfalls nicht-kontradiktorische Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht umfasst, sondern nur zivilprozessuale Rechtsstreite und allenfalls sog. echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Diese Unterscheidung ist auch nicht lediglich formaler Natur. Denn Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten oder auch echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erwachsen in materielle Rechtskraft (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler-Schmidt, FGG, 15. Aufl. 2003, § 12 Rz. 231m. umfangr. Nachw.), anders als die im vorliegenden Verfahren ergehende Entscheidung über die Erteilung eines Erbscheins.
b) Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm.
§ 119 GVG ist insgesamt mit Wirkung vom 1.1.2002 durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 neu gefasst worden. Dessen Gesetzesmaterialien erweisen, dass dieses Reformgesetz das FGG-Verfahren in der hier entscheidenden Frage inhaltlich nicht berühren, sondern eine diesbezügliche Reform einem gesonderten späteren Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten wollte (BGH NJW-RR 2003, 644 f.; BT-Drucks. 14/4722, 69).
c) Auch die Systematik der Verfahrensordnungen spricht hier gegen eine Anwendung des § 119 GVG.
Das Rechtsmittelsystem des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit trifft eine abschließende Regelung (BGH, a.a.O.), nach der - § 19 Abs. 2 FGG - die Beschwerdezuständigkeit in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit umfassend den LG zugewiesen ist (OLG Stuttgart v. 6.2.2006 - 8 W 589/05, NJW 2006, 1144). Auch der vom LG herangezogene Kommentar zum FGG steht, an anderer als der vom LG bezeichneten Stelle, auf dem Standpunkt, für den Rechtsmittelzug und das Verfahren im Einzelnen seien die Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit maßgebend (Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl. 2006, § 19 Rz. 28 m.w.N.).
d) Schließlich und vor allem erweisen die im Falle einer Anwendung des § 119 Abs. 1 Nr. 1c) GVG eintretenden Folgen, dass diese Anwendung mit Sinn und Zweck der Vorschrift nicht in Übereinstimmung zu bringen ist.
Im Rechtsmittelsystem des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine Anrufung des BGH außerhalb des Vorlegungsverfahrens (z.B. § 28 Abs. 2 FGG) nicht vorgesehen (BGH, a.a.O.; Bumiller/Winkler, a.a.O., § 27 Rz. 1). Wäre nun infolge der Anwendung des § 119 GVG das OLG Beschwerdegericht, stünde den Beteiligten in dem betreffenden Verfahren - von der Ausnahmesituation des Vorlegungsverfahrens abgesehen - entweder gar kein dritter, auf die rechtliche Prüfung konzentrierter Rechtszug zur Verfügung oder wäre das OLG als zur Entscheidung über die Erstbeschwerde wie auch die weitere Beschwerde zuständiges Gericht anzusehen. Letzteres erscheint schlechthin undenkbar, ersteres widerspräche den dem § 119 GVG zugrunde liegenden gesetzgeberischen Erwägungen. Denn danach soll d...