Leitsatz (amtlich)
Schweigen stellt jedenfalls seit dem In-Kraft-Treten des § 269 ZPO n.F. keine konkludente Erledigungserklärung i.S. des § 91a ZPO dar, auch wenn das Gericht der Partei mitgeteilt hat, es gehe ohne gegenteilige Stellungnahme davon aus, dass sie sich der Erledigungserklärung des Gegners anschließe.
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 13.01.2003; Aktenzeichen 3 O 425/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 29.1.2003 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG K. vom 13.1.2003 teilweise abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: bis 2.500 Euro.
Gründe
I. Die Parteien sind Niederländer. Sie schlossen bei dem Notar Dr. P. am 13.11.2000 einen Kaufvertrag über eine Wohnung, H.-Straße 4 in Kr. Darin unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde. Das Eigentum sollte dem Kläger lastenfrei übertragen werden. Im Rahmen der Vertragsabwicklung stelle sich heraus, dass das niederländische Finanzamt in einem Arrestverfahren das Eigentum des Beklagten durch einen Pfändungsbeschluss belastet hatte. Der Beklagte ließ sich eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde erteilen und betrieb gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung.
Am 6.8.2002 hat der Kläger die Vollstreckungsgegenklage anhängig gemacht. Sie konnte zunächst nicht zugestellt werden. Am 5.9.2002 haben die Parteien sowohl einen notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag als auch eine privatschriftliche Feststellungsübereinkunft abgeschlossen. In dieser Feststellungsübereinkunft hat sich der Kläger verpflichtet, unverzüglich nach der Unterzeichnung dieser Übereinkunft den bei dem LG Kleve anhängig gemachten Prozess zurückzuziehen. Jede Partei sollte die ihr aus diesem Vorgang bereits entstandenen oder künftig noch entstehenden Kosten selbst tragen.
Mit Schriftsatz vom 13.9.2002 hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Zur Begründung hat er aufgeführt, dass zwischenzeitlich ein notarieller Aufhebungsvertrag geschlossen worden sei und daher die Zwangsvollstreckung nun gegen den Kläger nicht mehr möglich sei. Dem Beklagten seien die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da von Anfang an eine Übertragung auf ihn – den Kläger – nicht habe erfolgen können und daher der Beklagte zu Unrecht vollstreckt habe.
Am 13.12.2002 sind dem Beklagten u.a. die Klageschrift, die Erledigungserklärung und ein Schreiben des Gerichts erstmals zugegangen, in dem ihm mitgeteilt worden war, dass „falls binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens keine gegenteilige Stellungnahme erfolgt”, die Kammer davon ausgehe, dass der Beklagte sich der Erledigungserklärung anschließe. Eine Stellungnahme ging nicht ein.
Das LG hat gem. § 91a ZPO dem Beklagten im angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreites auferlegt.
Gegen die Entscheidung des LG richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses unter Bezugnahme auf die Feststellungsvereinbarung begehrt.
II. Die gem. §§ 91a Abs. 2 S. 1, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da die Voraussetzungen des § 91a ZPO nicht vorliegen.
Mit der Zustellung der „Erledigungserklärung” des Klägers vom 13.9.2002 am 13.12.2002 ist diese allerdings wirksam geworden. Erledigungserklärungen können bereits ab Anhängigkeit eines Verfahrens abgegeben werden, bedürfen aber zur Wirksamkeitserlangung der Klagezustellung (vgl. Lindacher in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 91a Rz. 30). Durch die Zustellung am 13.12.2002 ist die Erledigungserklärung rechtshängig geworden.
Da der Beklagte auf das Anschreiben des Vorsitzenden der Kammer jedoch nicht reagiert hatte, war es dieser verwehrt, eine Entscheidung gem. § 91a ZPO zu treffen. Es fehlt an einer übereinstimmenden Erledigungserklärung.
Die von § 91a ZPO vorausgesetzten Erklärungen bedürfen weder einer besonderen Form noch sind sie wörtlich oder ausdrücklich abzugeben; es genügt vielmehr, wenn sich der Wille der Parteien konkludent im Wege der Auslegung ihres prozessualen Verhaltens ermitteln lässt (vgl. BGHZ 21, 298 [299]). Auch in einem nach Erledigungserklärung des Klägers fehlenden Widerspruch des Beklagten kann ein stillschweigendes Einverständnis mit der Erledigungserklärung des Klägers unter Umständen gesehen werden (vgl. BGH, BGHZ 21, 298 [299]). Ein bloßes Schweigen hat aber keinen bestimmten Erklärungswert und kann allein noch nicht als Zustimmung zur Erledigungserklärung aufgefasst werden (vgl. LG Stuttgart v. 30.4.1999 – 10 T 133/99, NJW-RR 2000, 662 [663]). Ob von einer konkludenten Erklärung bereits dann ausgegangen werden darf, wenn das Gericht den Beklagten darauf hingewiesen hat, dass es bei Ablauf der gesetzten Frist von der stillschweigenden Annahme einer Zustimmung ausgehe, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Ein solches Vorgehen wä...