Leitsatz (amtlich)

1. Der Vermächtnisnehmer ist an dem Verfahren des Nachlassgerichts zur Ernennung des Testamentsvollstreckers und zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses nicht zu beteiligen.

a) § 345 Abs. 3 FamFG listet die an jenem Verfahren Beteiligten abschließend auf.

b) Aus der Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG folgt kein Anspruch auf Verfahrensbeteiligung.

2. Der Vermächtnisnehmer hat nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 FamFG einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Nachlassakten zur Ernennung des Testamentsvollstreckers und zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses.

 

Normenkette

FamFG § 13 Abs. 1-2, § 59 Abs. 1, § 345 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Oberhausen (Aktenzeichen 6 VI 978/20)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen vom 5. März 2021 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1. hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1. ist durch letztwillige Verfügung des Erblassers mit zwei Vermächtnissen bedacht worden. Das eine Vermächtnis räumt dem Beteiligten zu 1. das lebenslange Recht ein, die Erdgeschosswohnung des Erblassers im Hause ... sowie das zu dieser Wohnung gehörende Zimmer im 1. Obergeschoss unentgeltlich zu bewohnen. Das zweite Vermächtnis bezieht sich auf die Wohnungseinrichtung des Erblassers nebst dem dazugehörigen Hausrat.

Der Beteiligte zu 2. ist vom Erblasser zum Testamentsvollstrecker berufen worden. Das notariell beurkundete Testament vom 14. November 2006 sieht dazu eine Abwicklungsvollstreckung sowie nach erfolgter Erbauseinandersetzung eine daran anschließende Dauervollstreckung vor, diese allerdings befristet bis zum 31. Dezember 2020.

Das Amtsgericht Oberhausen führt den Vorgang über die Ernennung des Beteiligten zu 2. als Testamentsvollstrecker in dem Verfahren 6 VI 978/20 sowie in einem unwesentlichen Umfang ergänzend unter dem Aktenzeichen 6 VI 936/20. Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist am 5. November 2020 erteilt und mit Beschluss vom 26. November 2020 wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit dahin berichtigt worden, dass alleine die Dauervollstreckung bis zum 31. Dezember 2020 befristet ist.

Der Beteiligte zu 1. möchte an beiden Verfahren beteiligt werden und begehrt Einsicht in die betreffenden Akten des Nachlassgerichts.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht das Verlangen zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Als bloßer Vermächtnisnehmer stehe dem Beteiligten zu 1. ein Beteiligungsrecht nicht zu; § 345 Abs. 3 FamFG sehe eine Verfahrensbeteiligung nur für Erben und den Mitvollstrecker vor. Mangels einer Verfahrensbeteiligung des Beteiligten zu 1. scheide damit auch ein Akteneinsichtsrecht nach § 13 Abs. 1 FamFG aus. Als Dritter könne der Beteiligte zu 1. gemäß § 13 Abs. 2 FamFG nur dann Einsicht in die Gerichtsakte beanspruchen, wenn er ein berechtigtes Interesse besitze. Daran fehle es. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern der Beteiligte zu 1. durch eine Einsichtnahme in die Testamentsvollstreckerakte die Erfüllung seiner Vermächtnisse beschleunigen könne.

Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner Beschwerde. Er meint, die reklamierten Ansprüchen folgten aus §§ 13 Abs. 2, 345 Abs. 4 Satz 2 und 3 FamFG. Außerdem sei für ihn von Bedeutung, gegen wen er den Anspruch auf Erfüllung der beiden Vermächtnisse zu richten habe, gegen den Testamentsvollstrecker oder nach Beendigung der Testamentsvollstreckung gegen die beiden Erben.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Nachlassakten 6 VI 978/20 und 6 VI 936/20 sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

A. An dem Verfahren, dass das Nachlassgericht zur Ernennung des Beteiligten zu 2. zum Testamentsvollstrecker und über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses geführt hat (6 VI 978/20 und 6 VI 936/20), ist der Beteiligte zu 1. nicht zu beteiligen (gewesen).

1. § 345 FamFG listet für verschiedene Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit abschließend diejenigen Personen auf, die von Amts wegen oder auf Antrag hinzugezogen werden müssen und die das Gericht darüber hinaus am Verfahren beteiligen kann. Das Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers und zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist in § 345 Abs. 3 FamFG geregelt. An jenem Verfahren ist der Testamentsvollstrecker zwingend beteiligt (§ 345 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Daneben kann das Gericht die Erben und einen etwaigen Mitvollstrecker hinzuziehen (§ 345 Abs. 3 Satz 2 FamFG); auf ihren Antrag hin sind diese Personen an dem Verfahren zu beteiligen (§ 345 Abs. 3 Satz 3 FamFG). Der Vermächtnisnehmer zählt demgegenüber nicht zum Personenkreis, für den die Vorschrift eine Ver...

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