Leitsatz (amtlich)

Die über längere Zeiträume, verbunden mit der Möglichkeit dauernder Beobachtung und Weiterverwendung der gespeicherten Bilder erfolgte, gezielte Videoüberwachung eines bestimmten Teiles einer gemeinschaftseigenen Hoffläche durch einen Wohnungseigentümer zum Zwecke der Dokumentation etwaiger Sachbeschädigungen seines Kraftfahrzeugs auf dem seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Stellplatz stellt eine zu unterlassende unverhältnismäßige Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer dar, die den überwachten Teil auf dem Weg zu ihrem Wohnungseigentum notwendigerweise begehen müssen.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3; BGB § 1004

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 10 T 113/05)

AG Velbert (Aktenzeichen 18-II 14/05 WEG)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde und die in diesem Rechtszug dem Antragsteller notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten.

Wert: 1.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind Mitglieder der oben näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Beide sind sondernutzungsberechtigt an je einem Kfz-Stellplatz auf dem Garagenhof der Anlage. Im Jahre 2004 installierte die Antragsgegnerin auf dem Balkon ihrer Wohnung eine Videokamera, die ihren Stellplatz und teilweise auch die benachbarten Stellplätze erfasst. Der Antragsteller, der an dem übernächsten Stellplatz sondernutzungsberechtigt ist, muss auf dem direkten Weg zum Haus am Stellplatz der Antragsgegnerin vorbeigehen. Er fühlt sich durch die Videokamera in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die auf ihrem Balkon zum Garagenhof befindliche Kamera zu entfernen.

Die Antragsgegnerin hat Abweisung des Antrags beantragt. Der Verwalter hat sich ebenfalls geäußert und Anträge gestellt.

Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, die Kamera werde nur nachts bzw. bei Einbruch der Dunkelheit eingeschaltet, um ihr Auto zu überwachen. Auf ihrem Stellplatz sei im Jahre 2002 ihr Ehemann angegriffen und körperlich verletzt worden. Außerdem sei es in 2004 zweimal zu Beschädigungen ihres Autos gekommen. Die Kamera zeichne nur auf, wenn sich eine Person dem Auto nähere, falls diese Person den Wagen nicht beschädige, würden die Aufzeichnungen sofort gelöscht.

Das AG hat dem Antrag des Antragstellers entsprochen mit der Begründung, die Installation der Videokamera verstoße gegen § 14 Nr. 1 WEG. Der Nachteil für den Antragsteller - wie auch die anderen Nutzer des Garagenhofes - bestehe darin, dass er sich unter einem ständigen Überwachungsdruck befinde, auch dann wenn die Kamera tatsächlich nur den Stellplatz der Antragsgegnerin zzgl. eines Bereichs von einem Meter rundum aufnähme. Dies bewirke eine schwerwiegende Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Schutz des Eigentums dürfe nicht in unverhältnismäßiger Weise auf Kosten des Eingriffs in hochrangige Rechtsgüter unbeteiligter Dritter geschehen.

Die sofortige Beschwerde ist vom LG zurückgewiesen worden. Hiergegen hat die Antragsgegnerin sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Rechtsfehler i.S.v. § 27 FGG.

Die Kammer hat zur Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt: Sie schließe sich den in dem amtsgerichtlichen Beschluss ausgeführten Gründen inhaltlich in Ergebnis und Begründung an. Zusätzlich hat die Kammer bemerkt, es handele sich bei der Installation der Videokamera um eine bauliche Veränderung, die die Gemeinschaft nicht genehmigt habe. Auch wenn die Kamera durch eine Blumenampel zum Teil verdeckt sei, wie es einige Lichtbilder nahe legten, sei eine Veränderung der Fassade festzustellen.

Im Ergebnis ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden. Ob die Installation der Videokamera eine bauliche Veränderung darstellt, kann offen bleiben. (Es ist nicht bekannt, ob ein nicht nur unwesentlicher Eingriff in die Bausubstanz stattgefunden hat; auch eine optische Veränderung der Hausfassade kann anhand der Lichtbilder nicht ohne Weiteres festgestellt werden).

Jedenfalls ist der geltend gemachte Beseitigungsanspruch nach §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG begründet:

Durch die Videoüberwachung des Garagenhofs wird nicht nur das eigene Sondernutzungsrecht der Antragsgegnerin sondern auch das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt (vgl. zu dieser Unterscheidung BayObLG NZM 2005, 668). Diese Beeinträchtigung muss der Antragsteller als Miteigentümer nicht dulden; vielmehr kann er von der Antragsgegnerin als der störenden Miteigentümerin einen "Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und .... dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht" (§ 15 Abs. 3 WEG). Dabei ist § 14 Nr. 1 WEG zu beachten, wonach ein Wohnungseigentümer von seinem Sondereigentum und de...

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