Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung betreffend Taufe und Kommunion
Leitsatz (redaktionell)
Die Übertragung der Entscheidung, ob der gemeinsame Sohn der Parteien römisch-katholisch getauft wird und an der katholischen Kommunion teilnimmt, ist gemäß §§ 1628, 1697a BGB nicht gerechtfertigt, wenn die Eltern des betroffenen Kindes aus verschiedenen Kulturkreisen stammen und verschiedenen Religionsgemeinschaften angehören und es daher geboten erscheint, das Kind nicht bereits jetzt endgültig in eine Religionsgemeinschaft zu integrieren.
Normenkette
BGB §§ 1628, 1697a
Verfahrensgang
AG Oberhausen (Beschluss vom 09.09.2009; Aktenzeichen 45 F 160/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Oberhausen vom 9.9.2009 wird abgeändert und der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
2. Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 1.500 EUR
3. Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S aus O bewilligt.
4. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt J aus O bewilligt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Übertragung der Entscheidung, ob der gemeinsame Sohn der Parteien römisch-katholisch getauft wird und an der katholischen Kommunion teilnimmt, auf die Antragstellerin ist nicht gem. §§ 1628, 1697a BGB gerechtfertigt, weil nicht feststellbar ist, dass die Übertragung auf sie dem Kindeswohl am besten entspricht. Vielmehr erscheint es insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Eltern des betroffenen Kindes aus verschiedenen Kulturkreisen stammen und verschiedenen Religionsgemeinschaften angehören, geboten, das Kind nicht bereits jetzt endgültig in eine Religionsgemeinschaft zu integrieren, wie es durch Taufe und Kommunion der Fall wäre. Dem Kind entsteht hieraus kein Nachteil. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass A von ihr auch religiös erzogen und geprägt wird, er am katholischen Religionsunterricht teilnimmt und seinen Freundeskreis im kirchlichen Umfeld habe. Die Integration des Kindes in die von der Antragstellerin präferierte Lebenswelt ist damit bislang auch ohne Taufe und Kommunion gelungen. Auch hat der Antragsgegner all dies bereits hingenommen, ohne dass es hierüber zu nennenswerten Problemen gekommen wäre. Wenn der Antragsgegner andererseits versucht, das Kind auch mit seinen religiösen Vorstellungen vertraut zu machen, und er zum jetzigen Zeitpunkt eine endgültige Festlegung des Kindes auf die katholische Religion ablehnt, ist dies nicht zu beanstanden und dem Kindeswohl nicht abträglich. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass für das Kind selbst die Frage der Taufe oder der Kommunion derzeit von Bedeutung wäre; zudem billigt das Gesetz dem Kind insoweit eigene Entscheidungsfreiheit erst ab dem 14. Lebensjahr zu.
Fundstellen
FamRZ 2010, 1255 |
FuBW 2010, 908 |
FuNds 2010, 801 |