Leitsatz (amtlich)
Ein (gewerblicher) Mieter gibt seinem Vermieter noch keine Klageveranlassung iSv § 93 ZPO, wenn er auf eine vor Fälligkeit des Räumungsanspruchs erfolgende schriftliche Anfrage des Vermieters hin nicht seine Erfüllungsbereitschaft anzeigt, sondern bloß schweigt.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 191/22) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts Duisburg vom 26.08.2022 abgeändert:
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
II. Die Kläger tragen ferner die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
IV. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu EUR 6.000,- festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger haben die Beklagten auf Räumung einer mit gewerblichem Mietvertrag der Parteien vom 17.08.2018 (Anlage K 1) vermieteten gynäkologischen Praxis in Anspruch genommen. Das Mietverhältnis war mit Nachtrag vom 06.10.2021 (Anlage K 2) auf unbestimmte Zeit unter Geltung der gesetzlichen Kündigungsfrist verlängert worden. Mit Schreiben vom 16.03.2022 (Anlage K 3), das den Beklagten am 17.03.2022 zugestellt wurde (Anlagenkonvolut K 4), beendeten die Kläger das Mietverhältnis form- und fristgerecht zum 30.09.2022. Die Beklagten antworteten nicht auf das Kündigungsschreiben.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.04.2022 (Anlage K 5) ließen die Kläger, die eine Anschlussvermietung planten, die Beklagten auffordern, bis zum 12.05.2022 die fristgerechte Räumung zum 30.09.2022 zu bestätigen. Dieses Schreiben blieb ebenso unbeantwortet wie das weitere anwaltliche Schreiben der Kläger vom 27.05.2022, mit dem sie von den Beklagten nunmehr eine entsprechende Bestätigung bis zum 10.06.2022 forderten.
Mit ihrer Klageschrift vom 14.07.2022 - beim LG Duisburg eingegangen am 19.07.2022 (LG-Akte Bl. 1) und den Beklagten jeweils zugestellt am 12.08.2022 (LG-Akte Bl. 42ff) - haben die Kläger die Beklagten gerichtlich auf zukünftige Räumung des Mietobjektes sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch genommen. Mit prozessleitender Verfügung vom 10.08.2022, welche beiden Beklagten ebenfalls am 12.08.2022 zugestellt worden ist, ist das schriftliche Vorverfahren (§ 276 Abs. 1 S. 1 ZPO) vor dem Landgericht angeordnet worden.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24.08.2022, am selben Tage beim Landgericht Duisburg eingegangen, haben die Beklagten die Klageanträge der Kläger unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt: Sie haben insoweit die Auffassung vertreten, den Klägern keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben zu haben, und angekündigt, die Praxis pünktlich zum Mietvertragsende am 30.09.2022 zu räumen.
Mit Anerkenntnisurteil vom 26.08.2022 (LG-Akte Bl. 59ff) hat das Landgericht die Beklagten gemäß den anerkannten Klageanträgen verurteilt und ihnen die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung seiner Kostenentscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagten hätten den Klägern Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, weshalb die Regelung des § 93 ZPO nicht zugunsten der Beklagten angewandt werden könne. Die Veranlassung zur Klageerhebung ergebe sich daraus, dass sich die Beklagten nach ihrer eigenen Darstellung erstmals ca. drei Monate nach der im Schreiben der Kläger vom 28.04.2022 gesetzten Reaktionsfrist mit der Nachmieterin in Verbindung gesetzt und dies dem Kläger zu 2) mitgeteilt hätten. Ein gewerblicher Vermieter habe indessen schon vor Fälligkeit der Räumungspflicht ein erhebliches und offensichtliches Interesse daran, vom Mieter zu erfahren, ob das Mietobjekt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist geräumt werde.
Das vorgenannte Anerkenntnisurteil ist den Beklagten am 31.08.2022 zugestellt worden (LG-Akte Bl. 69). Mit Schriftsatz vom 13.09.2022, beim Landgericht Duisburg eingegangen am selben Tage (LG-Akte Bl. 76), haben die Beklagten sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts mit dem Begehren eingelegt, dass den Klägern unter Abänderung der vorgenannten Entscheidung des Landgerichts die Kosten des Rechtsstreits gem. § 93 ZPO auferlegt werden mögen, und hierzu im Wesentlichen geltend gemacht: Sie seien vor Fälligkeit der Räumungsverpflichtung nicht verpflichtet gewesen, ihre entsprechende Leistungsbereitschaft zu bekunden. Sie hätten insbesondere kein aktives Verhalten an den Tag gelegt, das den Klägern zur Klageerhebung hätte Anlass geben können.
Die Beschwerdeschrift ist den Klägern am 14.09.2022 zugestellt worden (LG-Akte Bl. 83). Das Landgericht Duisburg hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 13.09.2022 nicht abgeholfen (LG-Akte Bl. 85). Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 28.09.2022, abgesandt am 11.10.2022 ist den Parteien jeweils mitgeteilt worden, dass die sofortige Beschwerde der Beklagten beim Senat anhängig sei (OLG-Akte Bl. 5).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
II. Die g...