Leitsatz (amtlich)
1. Die Wirksamkeit einer notariellen Beurkundung nach § 13 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BeurkG erfordert u. a., dass die Beteiligten als formelles Zeichen ihrer Verantwortungsübernahme für Geltung und Gültigkeit des beurkundeten Rechtsgeschäfts und für die Echtheit und Ernstlichkeit des beurkundeten Willens eigenhändig unterschreiben.
2. Führt die Erblasserin tatsächlich den Familienamen B..., beginnt ihr Vorname mit der Initiale "A." und hatte sie demgemäß alle letztwilligen Verfügungen in der Vergangenheit auf diese Weise unterschrieben, so genügt ihre Unterzeichnung nicht den Anforderungen an eine wirksame Unterschrift, wenn sie bei einem späteren notariellen Testament nach der Initiale mit dem - sie nicht kennzeichnenden - Namen "C...", nämlich den ersten drei Buchstaben ihres Geburtsnamens und den letzten vier Buchstaben ihres tatsächlichen Nachnamens, unterschreibt.
Normenkette
BeurkG § 13 Abs. 1 Satz. 1 Hs. 1
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird geändert. Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1. vom 29. Oktober 2012 wird zurückgewiesen. Das Nachlassgericht wird angewiesen, den von den Beteiligten zu 2. am 9. Januar 2013 beantragten Erbschein zu erteilen.
Die Beteiligten zu 2. haben die für die Erteilung des von ihnen beantragten Erbscheins anfallenden Gerichtskosten zu tragen. Die übrigen Kosten des Verfahrens - beider Rechtszüge - werden dem Beteiligten zu 1. auferlegt.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 650.000 EUR.
Gründe
I. Die Erblasserin war kinderlos und seit 2006 verwitwet. Sie lebte vor ihrem Tod allein.
In einem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament 1986 setzten sich die Erblasserin und ihr Ehemann gegenseitig zu unbeschränkten Alleinerben ein, jedoch blieb dem Überlebenden ausdrücklich überlassen, von Todes wegen beliebig zu bestimmen.
Nach dem Tode ihres Ehemannes, in den Jahren 2006 bis 2012, errichtete die Erblasserin sechs notarielle Testamente. Darin berief sie zu Erben zunächst ein Ehepaar A... - Nachbarn -, dies im Jahre 2006 unter Aussetzung von Vermächtnissen (insbesondere zweier Wohnungsrechte), 2009 ohne diese; hernach mit Testament vom 20. April
2012 den Beteiligten zu 2.a) zu 6/10 und die Beteiligte zu 2.b) zu 4/10; schließlich mit Testament vom 18. Juni 2012 den Beteiligten zu 1. Alle Testamente unterschrieb die Erblasserin in deutscher Schreibschrift.
Im Mai 2012 erlitt die Erblasserin einen Schlaganfall.
Unter Berufung auf die letztwilligen Verfügungen vom 18. Juni einerseits und 20. April andererseits haben die Beteiligten zu 1. und 2. jeweils beantragt, einen sie begünstigenden Erbschein zu erteilen. Nach Durchführungen von Ermittlungen zu einer etwaigen Testierunfähigkeit der Erblasserin im Juni 2012 hat das Nachlassgericht durch die angefochtene Entscheidung den Antrag der Beteiligten zu 2. zurückgewiesen und einen Feststellungsbeschluss zugunsten des Antrages des Beteiligten zu 1. erlassen.
Gegen den ihnen am 5. März 2015 zugestellten amtsgerichtlichen Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 2. mit ihrem am 7. April 2015, dem Dienstag nach Ostern, bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, dem der Beteiligte zu 1. entgegentritt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte und der Testamentsakte 92a IV 182/15 AG Düsseldorf Bezug genommen.
II. Auf das vorliegende Erbscheinsverfahren finden gemäß Art. 229 § 36 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch in der bis zum 17. August 2015 geltenden Fassung Anwendung, da die Erblasserin vor diesem Stichtag verstorben ist.
Danach ist das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. infolge der vom Nachlassgericht mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG.
Es ist nach §§ 58 Abs. 1 i.V.m. 352 Abs. 1 Satz 1, 59 Abs. 1 und 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde statthaft und insgesamt zulässig.
Die Beschwerde hat auch in der Sache in vollem Umfang Erfolg. Sowohl der Beteiligte zu 1. als auch die Beteiligten zu 2. können nur kraft letztwilliger Verfügung, nicht kraft gesetzlicher Erbfolge zu Erben berufen sein. Indes ist das einzige Testament, in dem der Beteiligte zu 1. erwähnt wird, nämlich dasjenige vom 18. Juni 2012, in jedem Falle unwirksam, wohingegen sich das die Beteiligten zu 2. begünstigende vom 20. April 2012 als gültig erweist.
1. Antrag des Beteiligten zu 1.
Sollte die Erblasserin bei Errichtung des Testaments vom 18. Juni 2012 testierunfähig gewesen sein, ist es, wie aus § 2229 Abs. 4 BGB folgt, bereits aus diesem Grunde unwirksam.
Unwirksam ist es aber auch dann, wenn man davon ausgeht, die Erblasserin sei testierfähig gewesen.
a) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. BeurkG muss im Falle der notariellen Beurkundung die Niederschrift den Beteiligten in Gegenwart des Notars vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben wer...