Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung einer Hilfsperson des gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen Befangenheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ablehnung eines Untersachverständigen eines benachbarten Fachgebiets wegen Besorgnis der Befangenheit kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige sich die gutachterlichen Feststellungen des Untersachverständigen nicht mehr zu eigen macht, sondern diese lediglich an das Gericht weiterleitet.
2. Der beigezogene Untersachverständige ist mangels gerichtlicher Bestellung zum Sachverständigen zwar nicht unmittelbar wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, seine gutachterlichen Feststellungen dürfen aber nicht verwertet werden.
3. Ist der gerichtliche Sachverständige nicht in der Lage, die tatsächlichen Feststellungen des beigezogenen Untersachverständigen selbst auszuwerten bzw. deren Bewertungen nachzuvollziehen und sich dadurch zu eigen zu machen, ist der beigezogene Untergutachter nicht mehr lediglich Hilfsperson, sondern selbst zum gerichtlichen Sachverständigen zu ernennen.
Normenkette
ZPO §§ 42, 406, 407a
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 31.01.2007; Aktenzeichen 7 O 332/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 21.2.2007 i.V.m. dem Schriftsatz vom 26.2.2007 wird der Beschluss des LG Düsseldorf vom 31.1.2007 - 7 O 332/06 - unter Ziff. II. aufgehoben.
Das LG wird angewiesen, die Feststellungen des von dem gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. L. beigezogenen Fachmanns für Baugrundfragen, Herrn Dipl.-Geoph. B., wegen der Besorgnis der Befangenheit insgesamt nicht zu verwerten.
Gründe
I. Die Klägerin ließ im Jahr 1990 ein aus drei Bauteilen bestehendes Geschäftszentrum in der H. straße 7-11 in B. errichten. Der Beklagte ist der von der Klägerin beauftragte Bodengutachter. Nachdem sich bereits während der Rohbauarbeiten Risse an der Decke über dem Erdgeschoss des Bauteils A und nach Fertigstellung des Komplexes auch solche an den Außen- und Innenwänden des Bauteils zeigten, leitete die Klägerin unter dem 23.12.1992 ein selbständiges Beweisverfahren vor dem LG Düsseldorf - 7 OH 24/92 - ein, welches sich zunächst gegen die die Bohrpfahlgründung ausführende Firma richtete, später aber auch auf den Beklagten und drei weitere Beteiligte ausgedehnt wurde. Das LG ordnete mit Beschlüssen vom 21.1.1993 (Bl. 71 f. Beiakte 7 OH 24/92, im Folgenden: Beiakte) und 28.12.1994 (Bl. 192 Beiakte) die Beweiserhebung über das Vorhandensein der Risse, die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Rissbildungen und die erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen an und ernannte Herrn Dipl.-Ing. L. zum Sachverständigen. Dieser zog nach entsprechendem Hinweis den Dipl.-Geophysiker B. zur Überprüfung des anstehenden Bodens hinzu. In der Folgezeit erstellte der Sachverständige Dipl.-Ing. L. - unter Hinzuziehung des Dipl.-Geophysikers B. - das Gutachten vom 21.2.2000 sowie wegen Einwendungen des Beklagten zwei weitere Ergänzungsgutachten.
Auf Antrag des Beklagten vom 23.8.2005 (Bl. 1023 ff. Beiakte) i.V.m. dem Schreiben vom 12.8.2005 (Bl. 1025 ff. Beiakte) gab das LG dem Sachverständigen L. mit Beschluss vom 2.3.2006 (Bl. 1110 Beiakte) auf, sein 2. Ergänzungsgutachten vom 29.6.2005 (Bl. 990 ff. Beiakte) entsprechend zu ergänzen. Dieser nahm zum einen Bezug auf seine bereits unter dem 13.10.2005 (Bl. 1062 ff. Beiakte) erstellte Stellungnahme und übersandte unter dem 30.10.2006 das ergänzende Gutachten des Dipl.-Geophysikers B. vom 23.10.2006 (Bl. 1171 ff. Beiakte) zu den den Baugrund betreffenden Fragen. Nach Erhalt dieses Gutachtens beantragte der Beklagte innerhalb der vom LG gesetzten Stellungnahmefrist mit Schriftsatz vom 22.1.2007 "den Sachverständigen B." aufgrund seiner unsachlichen und ihn diskreditierenden Äußerungen in seinem Gutachten vom 23.10.2006 wegen Befangenheit abzulehnen. Das LG hat nach durchgeführter mündlicher Verhandlung in dem zwischenzeitlich eingeleiteten Hauptsacheverfahren durch Beschluss vom 31.1.2007 unter Ziff. II. den Befangenheitsantrag zurückgewiesen und dies damit begründet, dass sich die vom Beklagten beanstandeten Äußerungen des Sachverständigen im Grenzbereich des noch Zulässigen bewegten. Nachdem der Beklagte den Sachverständigen in seinen Schriftsätzen vom 5.8.1996 und 26.3.2004 aber selbst heftig angegriffen habe, müsse er es hinnehmen, wenn der Sachverständige auf diese Angriffe entsprechend scharf reagiere, solange seine inhaltlichen Ausführungen erkennen ließen, dass das Gutachten objektiv erstellt worden sei, was zu bejahen sei.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, der das LG mit Beschluss vom 21.3.2007 nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist gem. §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
1. Der Antrag des Beklagten vom 22.1.2007, den "Sachverständigen B." wegen Befangenheit abzulehnen, ist zulässig. Zwar regelt § 406 ZPO die Ablehnung gerichtlich bestellter Sachverständiger, wohingegen der Dipl.-Ge...