Leitsatz (amtlich)
Beruft der Erblasser in einem notariellen Testament einen eingetragenen Verein, der ein Tierheim betreibt, zum Alleinerben ohne bereits für den Fall des Erlöschens des Vereins einen Ersatzerben zu bestimmen und überträgt nach Insolvenz des Vereins der Insolvenzverwalter zur Fortführung des Geschäftsbetriebes "im Wege einer übertragenden Sanierung" das Inventar des Insolvenzschuldners, sämtliche Tiere und darüber hinaus sämtliche Arbeitsverhältnisse auf einen Dritten, der unter der im Testament aufgeführten Anschrift das Tierheim des Insolvenzschuldners weiter betreibt, so kann die ergänzende Testamentsauslegung ergeben, dass nicht der aufgelöste, aber noch nicht erloschene Insolvenzschuldner, sondern der nunmehrige Träger der zu fördernden Aufgabe Zuwendungsempfänger sein soll.
Normenkette
FamFG § 352e Abs. 1 S. 1, § 353 Abs. 1; BGB §§ 42, 157, 2084, 2361
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 17 VI 724/15) |
Tenor
Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Wert: 100.000,00 EUR
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1. hält sich für den Alleinerben nach dem Erblasser.
Der Erblasser starb zwischen dem 25. und dem 26.8.2015 im Alter von 47 Jahren. Er war Deutscher, kinderlos und ledig. Seine Eltern waren vorverstorben. Er hatte - abgesehen von einer Schwester - keine Angehörigen. Wegen einer Erkrankung an Chorea Huntington stand der Erblasser seit 1999 unter Betreuung des Zeugen M.. Er errichtete am 17.6.2004 vor Notar Dr. K. in Kleve ein notarielles Testament (UR Nr.: 1053/2004), in dem er u.a. Folgendes anordnete:
"Zu meinem Alleinerben berufe ich
das Tierheim... Kleve e.V.,... in... Kranenburg-Mehr.
Einen Ersatzerben möchte ich für den Fall des Erlöschens des Vereins vorerst nicht bestimmen."
Der Sitz des Tierheim... Kleve e.V. (im Folgenden: Insolvenzschuldner), über dessen Vermögen mit Beschluss des AG Kleve vom 1.12.2013 - 49 IN 27/13 - das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt wurde, befand sich in der... in Kleve; in der... Strasse lag das von dem Insolvenzschuldner damals betriebene Tierheim.
Mit Kauf- und Übernahmevertrag vom 4.12.2013 erwarb der Beteiligte zu 2. vom Beteiligten zu 1. zur Fortführung des Geschäftsbetriebes "im Wege einer übertragenden Sanierung" zum 1.12.2013 das Inventar des Insolvenzschuldners, sämtliche Tiere und darüber hinaus sämtliche Arbeitsverhältnisse. Er hatte im August 2013 seinen bisherigen Geschäftssitz von Kleve nach Kranenburg verlegt und betreibt seit Dezember 2013 unter der im Testament aufgeführten Anschrift das Tierheim des Insolvenzschuldners weiter.
Die Auflösung des Insolvenzschuldners wurde am 11.12.2013 in das Vereinsregister eingetragen.
Unter dem 9.12.2015 erteilte das Nachlassgericht dem Beteiligten zu 2. auf dessen Antrag einen Erbschein, der ihn als Alleinerben auswies.
Mit Schriftsatz vom 29.12.2015 beantragte der Beteiligte zu 1. dessen Einziehung und die Erteilung eines Erbscheines zu seinen Gunsten.
Das Nachlassgericht wies zunächst zu dem Erbscheinsantrag darauf hin, dass eine eidesstattliche Versicherung erforderlich sei, die gerichtlicher oder notarieller Beurkundung bedürfe.
Sodann wies es - nach Vernehmung des Betreuers des Erblassers zu der Frage, wen der Erblasser habe bedenken wollen - die Anträge des Beteiligten zu 1. zurück. Der Erbschein sei nicht unrichtig. Der Erblasser habe den jeweiligen Betreiber des Tierheims als Erben einsetzen wollen und nicht den Insolvenzschuldner unabhängig von dem Betrieb des Tierheims. Hierfür spreche schon, dass er als Adresse nicht den Sitz des Vereins genannt habe, sondern die Anschrift des Tierheims selbst.
Mit seiner Beschwerde macht der Beteiligte zu 1. geltend, der Erbschein sei unrichtig und somit einzuziehen. Das Testament sei nicht auslegungsfähig. Im Zeitpunkt seiner Errichtung habe der Beteiligte zu 2. noch nicht existiert. Aus der Angabe der Anschrift könne nichts hergeleitet werden, denn im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments habe der Insolvenzschuldner dort noch ein Tierheim geführt. Trotz der Insolvenz könne er weiter Erbe sein.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 17.10.2016 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 58, 59 FamFG.
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß Art. 229 § 36 EGBGB sind auf Verfahren zur Erteilung von Erbscheinen nach einem Erblasser, der vor dem 17.8.2015 verstorben ist, das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Für die nach diesem Zeitpunkt gestorbenen Erblasser richtet sich das Erbscheinsverfahren nach "neuem" Recht. Hiernach finden auf den vorliegenden Fall die Vorschriften des "neuen" Rechts Anwendung, da der Erblasser nach dem Stichtag ges...