Verfahrensgang

LG Wuppertal (Entscheidung vom 25.01.2011; Aktenzeichen 3 O 245/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Wuppertal - Rechtspflegerin - vom 25.01.2011 aufgehoben. Das Landgericht wird angewiesen, bei der Festsetzung der Kosten der ersten Instanz eine bei den Bevollmächtigten der Klägerin angefallene, außergerichtliche 0,75 Geschäftsgebühr gemäß RVG VV-Vorbem. 3 Abs. 4 und § 15a Abs. 2 RVG auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

 

Gründe

I.

Die Klägerin klagte aus abgetretenem Recht des H… M… (Zedent) Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung im Hinblick auf einen Medienfonds gegen die Beklagte ein. Teil des geltend gemachten Schadensersatzes waren vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, und zwar eine 2,3 Geschäftsgebühr (vgl. Anl. K 14) von - incl. Mehrwertsteuer - EUR 2.886,70.

Mit insoweit infolge Zurückweisung der Berufung rechtskräftigem Urteil hat das Landgericht Wuppertal die Beklagte u.a. verurteilt, an die Klägerin EUR 2.886,70 zu zahlen. Zur Begründung hatte es insoweit ausgeführt, die Klägerin könne als Schadensersatz auch die dem Zedenten vorprozessual entstandenen Anwaltskosten in Höhe von EUR 2.886,70 verlangen.

Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Klägerin für die erste Instanz unter anderem außergerichtliche Kosten in Höhe einer 1,3 Verfahrensgebühr in Höhe von EUR 2.160,60 zuzüglich Mehrwertsteuer zur Festsetzung angemeldet. Die Rechtspflegerin hat diesen Betrag antragsgemäß festgesetzt.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde rügt die Beklagte die unterbliebene Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr.

II.

Die am 14.02.2011 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten (Bl. 788 ff. GA) gegen den ihr am 31.01.2011 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Wuppertal - Rechtspflegerin - vom 25.01.2011 (Bl. 772 ff. GA) ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig und begründet.

Der kostenpflichtige Prozessgegner hat die zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu erstatten, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Hierzu gehören auch die der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten. Die insoweit hier fragliche Verfahrensgebühr wäre nur dann in voller Höhe zu erstatten, wenn eine Anrechnung nach RVG VV-Vorbem. 3 Abs. 4 nicht zu erfolgen hätte oder die Voraussetzungen, unter denen sich der kostenpflichtige Prozessgegner auf die Anrechnung berufen kann, § 15a Abs. 2 RVG, nicht vorlägen. Beides kann jedoch nicht festgestellt werden.

Der für grundsätzliche Fragen in Kostensachen beim Oberlandesgericht Düsseldorf zuständige 10. Zivilsenat hat in seinem Beschluss vom 9.6.2011 (I-10 W 45/11) in einem Beschwerdeverfahren, in welchem das Landgericht - Rechtspflegerin - im Zuge der Berechnung des auszugleichenden Betrages im Kostenfestsetzungsbeschluss eine 0,65 Geschäftsgebühr iHv EUR 379,- zuzüglich Mehrwertsteuer angerechnet hat, die hiergegen gerichtete Beschwerde der dortigen Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung unter anderem Folgendes ausgeführt:

"1.

Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles hat eine Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr nach RVG VV-Vorbem. 3 Abs. 4 zu erfolgen. Beide Gebühren sind wegen "desselben Gegenstandes" entstanden.

Der Begriff "desselben Gegenstandes" ist im Verhältnis des Anwalts zu seinem Mandanten zu definieren. Es soll verhindert werden, dass die gleiche Tätigkeit zweimal honoriert wird, wenn die Angelegenheit zunächst als außergerichtliche und erst später als gerichtliche betrieben wird, während sie nur einmal honoriert worden wäre, wenn die Angelegenheit sofort vor das Gericht gebracht worden wäre. Es müssen ein innerer und äußerer Zusammenhang sowie ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Der - hier einzig fragliche - innere Zusammenhang liegt vor, wenn das gleiche Begehren, das zunächst außergerichtlich geltend gemacht worden ist, nunmehr gerichtlich geltend gemacht wird (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 18. Aufl., VV 2300 Rn. 40). Abzustellen ist insoweit auf die wirtschaftliche Identität (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 19. Aufl., VV 1008 Rn. 136). Eine solche ist hier anzunehmen.

Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf Grund des Auftrags bezieht (vgl. Gerold/Schmidt-Mayer, §15 Rn. 6; § 2 Rn. 3f). Hier ging es sowohl vorprozessual als auch prozessual letztlich um Schadensersatzansprüche des Zedenten wegen fehlerhafter Anlageberatung im Hinblick auf einen Medienfonds gegen die Beklagte. Vorprozessual wurden sie vom Zedenten aus eigenem Recht geltend gemacht, prozessual von der Klägerin aus abgetretenem Recht. Beide Aufträge betrafen dieselben rechtlichen und tatsächlichen Punkte. Es blieb nach wie vor zu klären, ob die Beklagte dem Zedenten bzw. der Klägerin aus einem zwischen dem Ze...

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